Verstoß gegen Treu und Glauben?

An die Bestandskontrolle nach § 138 Abs. 1 BGB schließt sich im Übrigen die gerichtliche Ausübungskontrolle nach §§ 242, 313 BGB an: Die Berufung auf den Ausschluss im Ehevertrag darf nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.[1]

Hierbei ist zu prüfen, ob sich aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolgen nunmehr eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in den Bestand der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. In einem solchen fall hat der Richter diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Seiten in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Dabei wird er sich allerdings umso stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren haben, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist.[2]

"Umkippen" des Zugewinnausgleichs

Zulässig ist grundsätzlich die Vereinbarung der Beteiligten, einen einzelnen Vermögensgegenstand bei der Ermittlung des Zugewinns unberücksichtigt zu lassen, und zwar auch dann, wenn dies zu einem "Umkippen" des Zugewinnausgleichs führt: Die in einem Ehevertrag wirksam vereinbarte Herausnahme eines Vermögensgegenstands aus dem Zugewinnausgleich macht eine vertragliche Anpassung im Rahmen der Ausübungskontrolle nach § 242 BGB nicht schon deshalb erforderlich, weil dies dazu führt, dass sich die Ausgleichsrichtung umkehrt, mithin der hiervon Begünstigte nur wegen der Herausnahme des Vermögensgegenstands ausgleichsberechtigt wird.[3]

 
Hinweis

Schutzklausel

Wegen dieser misslichen Konsequenz wird heute vielfach in notariellen Urkunden folgende Einschränkung gemacht: "Die Beteiligten vereinbaren, dass der Zugewinn nicht zu zahlen ist, sofern der andere Partner nunmehr unter Einbeziehung der eigentlich ausgeschlossenen Gegenstände seinerseits ausgleichspflichtig wäre."[4]

 
Praxis-Tipp

Vertrag überprüfen!

Wegen der aufgezeigten Probleme bei den Auswirkungen eines Ehevertrags sollten ihn die Ehegatten vorsorglich in regelmäßigen Zeitabschnitten rechtlich überprüfen lassen und gegebenenfalls nachbessern, falls sich die tatsächlichen Verhältnisse oder die Beurteilungskriterien der Rechtsprechung geändert haben.

[3] BGH, Beschluss v. 17.7.2013, XII ZB 143/12, NJW 2013 S. 2753, dazu NJW-Spezial 2013 S. 549, ferner Grziwotz, FamRB 2013, S. 309; ferner OLG Frankfurt, Hinweisbeschluss v. 13.1.2020, 8 UF 115/19, NJW 2020 S. 1527.
[4] Kogel, FamRB 2020, S. 172, 173.

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