Rz. 15

Eine Zwangsmittelfestsetzung kann nur bei fortbestehendem Rechtsschutzbedürfnis erfolgen (BGH, WM 2013, 1713 = NJW 2013, 2906; LAG Köln, Beschluss v. 2.12.2013, 11 Ta 292/13 – Juris). Die Nichterfüllung der geschuldeten Handlung ist Tatbestandsvoraussetzung (Schuschke/Walker, § 888 Rn. 20 m. w. N.). Das Zwangsmittel dient dazu, den Schuldner zur Erfüllung seiner geschuldeten Handlung anzuhalten (Zöller/Seibel, ZPO, § 888 Rn. 1). Dieser Zweck kann nicht (mehr) erreicht werden, wenn der Schuldner nicht (mehr) in der Lage ist, die fragliche Handlung vorzunehmen. Insofern mangelt es an einem Rechtsschutzbedürfnis.

 

Rz. 16

Das Gericht ist bei der Wahl des Zwangsmittels frei, sodass entweder Zwangsgeld oder Zwangshaft angeordnet werden können. Auch ein Wechsel zwischen beiden Arten ist möglich (Hk-ZPO-Pukall § 888 Rn. 13; Umdeutung ist möglich BayVGH, Beschluss v. 9.3.2009, 7 C 08.3151 – Juris). Beide Maßnahmen nebeneinander sind jedoch unzulässig (Zöller/Seibel, § 888 Rn. 8). Es ist jedoch bei der Ermessenentscheidung die den Schuldner am wenigsten beeinträchtigenden Maßnahme zu wählen, die dazu geeignet ist, den vollstreckbaren Anspruch durchzusetzen. Insoweit wird regelmäßig zunächst die Zwangsgeldfestsetzung beschlossen. Eine unmittelbare Festsetzung der Zwangshaft kommt daher nur dann in Betracht, wenn von vornherein feststeht, dass das Zwangsgeld nicht zur Durchsetzung des Anspruchs führt. Aus dem Beugecharakter des Zwangsgeldes ergibt sich die Notwendigkeit, die zu erzwingende Maßnahme so konkret zu beschreiben, dass durch Vornahme der Handlung oder Abgabe der Erklärung die Vollstreckung abgewandt werden kann (OLG Sachsen-Anhalt, InVo 2003, 162). Dies bedeutet, in dem Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss muss die Verpflichtung, so wie sie in dem zugrunde liegenden Titel tenoriert wurde, entweder ausdrücklich niedergeschrieben oder es muss auf sie so Bezug genommen werden, dass der Inhalt der Verpflichtung ohne weiteres erkennbar ist. Eine Bezugnahme muss damit so erfolgen, dass der Tenor des zu vollstreckenden Titels als Anlage zum Zwangsgeldfestsetzungsbeschluss hinzugenommen wird.

 

Rz. 17

Wird in der Entscheidungsformel des Titels die Partei, die von der Entscheidung betroffen ist, – wie üblich – nur mit ihrer Parteirolle bezeichnet, sodass sich der Inhalt der gerichtlichen Anordnung erst aus dem Zusammenwirken von Rubrum und Tenor ergibt, so muss sich die für die in der Entscheidungsformel gewählte Bezeichnung der Partei auch im Rubrum wiederfinden; andernfalls ist die Anordnung der Entscheidungsformel inhaltlich nicht hinreichend bestimmt (OLG Köln, OLGR Köln 2008, 644). Genügen die Textvorschläge eines dem Richter von der Justizverwaltung für seine Arbeit zur Verfügung gestellten Textsystems nicht den gesetzlichen Anforderungen (hier: an die inhaltliche Bestimmtheit einer richterlichen Entscheidung), so muss der Richter bei der Abfassung seiner Entscheidung den im Programm vorgehaltenen Text entsprechend den Anforderungen des Gesetzes abändern oder auf die Verwendung des Programms verzichten.

 

Rz. 18

Mehrfache Festsetzung von Zwangsmitteln ist möglich. Art. 103 Abs. 3 GG steht nicht dagegen, da es sich um ein Beugemittel handelt (OLG Hamm, DGVZ 1977, 41; OLG Sachsen-Anhalt, InVo 2003, 162). Für einen erneuten Antrag auf Festsetzung eines gesteigerten Zwangsgeldes oder der Zwangshaft fehlt allerdings das Rechtsschutzbedürfnis, solange das bereits festgesetzte Zwangsgeld nicht beigetrieben oder aber die ersatzweise angeordnete Zwangshaft vollstreckt wurde. Das bereits festgesetzte Zwangsmittel muss also zunächst mit seiner Beugewirkung verbraucht sein, bevor die nächste Stufe eines gesteigerten Zwangsmittels beschritten werden kann (OLG Celle, FamRZ 2006, 1689; OLG Karlsruhe, FamRZ 1994, 1274 m. w. N.; OLG Hamm, MDR 1969, 227; Goebel/Goebel, § 11 Rn. 90).

 

Rz. 19

Die Festsetzung von Zwangsgeld ist auch zulässig gg. eine prozessunfähige Person, soweit diese durch einen Betreuer vertreten wird (OLG Koblenz, FamRZ 2003, 1486). Dies setzt aber voraus, dass die Partei oder ihr Betreuer die geschuldete Handlung (im Fall des OLG Koblenz: Auskunft über den Bestand einer Erbschaft) vornehmen kann. Das einzeln festzusetzende Zwangsgeld darf den Betrag von 25.000,00 EUR nicht überschreiten (Abs. 1 Satz 2), es muss mindestens 5,00 EUR betragen (Art 6 Abs. 1 EGStGB). Eine Gesamtgrenze für die Summe aller festgesetzten Zwangsgelder existiert nicht. Demgegenüber darf bei der Festsetzung der Zwangshaft der Höchstrahmen von 6 Monaten nach (§§ 888 Abs. 1 Satz 3, 802j Abs. 1 Satz 1 ZPO) in der Gesamtsumme nicht überschritten werden.

 

Rz. 20

Vor Erlass eines Zwangsmittelbeschluss ist der Schuldner nicht anzuhören bzw. das Zwangsmittel ist nicht anzudrohen (Abs. 2; bei Verstoß: sofortige Beschwerde des Schuldner möglich; § 793 ZPO). Der Beschluss ist zu begründen und dem Schuldner bzw. dem Bevollmächtigten zuzustellen (§§ 329 Abs. 3, 176 ZPO).

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