Rz. 2

Die Vorschrift ist in erster Linie anzuwenden auf eine (ausschließliche; BGH JurBüro 2007, 549 = WM 2007, 1337) Herausgabevollstreckung bzw. Überlassung von Räumen einer unbeweglichen Sache oder eingetragener Schiffe oder Schiffsbauwerke (Herausgabe bei nicht eingetragenen Schiffen erfolgt nach § 883 ZPO), ebenso, wenn lediglich bewegliches Gut wie z. B. Bauschutt, Schrott etc. entfernt werden soll (LG Berlin, InVo 1997, 134).

 

Rz. 3

Darüber hinaus gilt § 885 ZPO analog bei der Vollstreckung in als Wohnraum dienende Räume, wie z. B. Wohnwagen, Kioske, Behelfsheime etc. (OLG Hamm, NJW 1965, 2207; MünchKomm/ZPO-Schilken, § 885 Rn. 1). Eine Vollstreckung nach § 888 ZPO kommt, wenn Gegenstand der Zwangsvollstreckung ausschließlich die Herausgabe und Räumung einer unbeweglichen Sache ist, daneben nicht zur Anwendung, auch nicht ergänzend. Eine Verhängung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO zur Erzwingung unvertretbarer Handlungen, die mit der Räumung und Herausgabe im Zusammenhang stehen, ist unzulässig (BGH Vollstreckung effektiv 2012, 167 = WM 2012, 1595 = MDR 2012, 999; BGH BGHR 2003, 707). Eine Vollstreckung nach § 888 ZPO neben der Herausgabevollstreckung nach §§ 885, 886 ZPO käme nur in Betracht, wenn Gegenstand der Zwangsvollstreckung aufgrund des Vollstreckungstitels neben der Herausgabeverpflichtung noch weitergehende Handlungspflichten des Schuldners wären (BGH Vollstreckung effektiv 2012, 167 = WM 2012, 1595= DGVZ 2012, 179; BGH BGHR 2003, 707; BGH, JurBüro 2007, 549 = WM 2007, 1337 = ZMR 2007, 600 = NJW-RR 2007, 1091 = MDR 2007, 1159; BGH NJW-RR 2005, 212 m. w. N. = WM 2004, 1197 = DGVZ 2004, 88). Der BGH hat dies bereits für den Fall entschieden, dass auf dem herauszugebenden Grundstück ein Unternehmen betrieben wird (BGH, DGVZ 2003, 88 = BGHReport 2003, 707 = ZMR 2004, 734 = ZfIR 2003, 1058). Gleiches gilt, wenn der Schuldner eine unbewegliche Sache an einen Dritten vermietet hat. Kann der Gläubiger aufgrund des erwirkten Vollstreckungstitels nicht gegen den Dritten vollstrecken (zur Notwendigkeit eines gegen den Dritten gerichteten Vollstreckungstitels: BGHZ 159, 383, 385; BGH, NJW-RR 2003, 1450) und ist der Dritte nicht zur Herausgabe bereit, muss der Gläubiger einen Vollstreckungstitel gegen den Dritten entweder aufgrund eines eigenen Herausgabeanspruchs oder nach Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruchs des Schuldners gemäß § 886 ZPO erwirken. Daneben kann der Gläubiger, wenn sich die Verurteilung des Schuldners auf die Herausgabe und Räumung beschränkt und keine weitergehenden Handlungspflichten umfasst, nicht zusätzlich gegen den Schuldner im Wege des § 885 ZPO vorgehen. Die Vollstreckung nach der Bestimmung bezieht sich auch auf das zur unbeweglichen Sache gehörende Zubehör (§ 97 BGB), es sei denn, die Herausgabe des Zubehörs sei gesondert tituliert und durch Trennung sowie Entfernung vom Grundstück an den Gläubiger herauszugeben.

Betreibt also der zur Räumung verurteilte Schuldner in dem vom Gläubiger nebst Inventar gemieteten Gebäude ein Altenwohn- und Pflegeheim, so kann er durch den Gerichtsvollzieher gem. § 885 ZPO aus dem Besitz gesetzt werden, ohne das es einer besonderen Mitwirkung durch den Schuldner bedarf, wobei die Belange der Heimbewohner durch die hierfür zuständige Stelle (Heimaufsicht gemäß Heimgesetz) zu wahren sind. Soweit sich in dem herauszugebenden Objekt Gegenstände befinden, die dem Schuldner gehören, kann der Gläubiger an diesen Vermieterpfandrecht geltend machen und seinen Vollstreckungsauftrag dahin beschränken, diese Gegenstände nicht zu entfernen (BGH, DGVZ 2003, 88 = ZMR 2004, 734 = BGHReport 2003, 707). Ist die Herausgabe des Zubehörs allerdings gesondert tituliert, hat die Zwangsvollstreckung nach § 883 ZPO zu erfolgen.

 

Rz. 3a

Entsprechend anwendbar ist die Regelung auch bei Tieren, die sich auf dem zu räumenden Grundstück befinden; dies gilt auch, wenn die durch das Räumungsverfahren entstehenden Kosten – etwa wegen der Art oder Anzahl der Tiere – sehr hoch ausfallen. In diesem Fall ist das in Abs. 2 bis 4 vorgesehene Verfahren entsprechend anzuwenden (BGH Vollstreckung effektiv 2012, 167 = WM 2012, 1595 = MDR 2012, 999 = NJW 2012, 2889 = NZM 2012, 620 = Grundeigentum 2012, 1164 = DGVZ 2012, 179); scheitert der Versuch des Gerichtsvollziehers, die in Verwahrung genommenen Tiere nach Abs. 4 Satz 1 zu verkaufen, hat der Gläubiger für die Kosten einer weiteren Verwahrung der Tiere nicht mehr aufzukommen (BGH Vollstreckung effektiv 2012, 167 = WM 2012, 1595 ). Die Möglichkeit einer Vernichtung gem. Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 ZPO besteht bei in Verwahrung genommenen Tieren allerdings nicht, weil dies gegen das Tierschutzgesetz verstieß (BGH, GuT 2013, 223; BGH, Vollstreckung effektiv 2012, 167 = WM 2012, 1595 = MDR 2012, 999 = NJW 2012, 2889).

 

Rz. 4

Abs. 1 Satz 3, 4 wurde durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-ReformG) mit Wirkung zum 1.9.2009 (BGBl. I 2008, S. 2586) geändert. ...

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