1 Voraussetzungen

 

Rz. 1

Die Regelung enthält die Klarstellung, dass der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung (§ 724 Abs. 2 ZPO) bei einer aus den Akten ersichtlichen Wirksamkeit eines bedingten Vergleichs zuständig ist. Grundsätzlich richtet sich die Erteilung des mit einem Widerrufsvorbehalt versehenen Vergleichs (§ 794 Nr. 1 ZPO) nach § 726 Abs. 1 ZPO (BGH, NJW 2006, 776). Mit der Bestimmung sollte eine Vereinfachung des Verfahrens erreicht werden. Der Vergleich i. S. d. § 794 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss vor einem Gericht (nicht einer Gütestelle) geschlossen worden sein. Die Wirksamkeit dieses Vergleichs muss vom Eintritt einer Tatsache abhängig sein, die sich aus der Verfahrensakte ergibt (BeckOK/ZPO-Hoffmann, § 795b Rn. 1). Es reicht nicht aus, wenn sie sich aus einer anderen Akte ergibt (Zöller/Geimer, ZPO, § 795b Rn. 2). In der Praxis kommen damit Widerrufsvergleiche und solche für den Fall der Rechtskraft der Scheidung in Betracht. Aus den Verfahrensakten ergeben sich beim Widerrufsvergleich die Tatsachen aber nur dann, wenn Adressat des Widerrufs das Gericht bestimmt ist und eine Widerrufserklärung in der vereinbarten Frist nicht zu der Akte gelangt ist. Der wahlweise gegenüber dem Gericht oder der anderen Partei oder nur der anderen Partei gegenüber zu erklärende Widerruf ist nicht aktenersichtlich. In diesen Fällen ist die vollstreckbare Ausfertigung des nicht widerrufenen Vergleichs vom Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG) und nicht vom Urkundsbeamten zu erteilen. Ist allerdings die Tatsache, dass der Vergleich nicht (fristgerecht) widerrufen wurde zu den Akten schriftlich zugestanden worden, ergibt sich diese Tatsache aus der Verfahrensakte. In diesem Fall ist wiederum der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zur Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung berufen (Zöller/Geimer, § 795b Rn. 3; a. A. LG Koblenz, Rpfleger 2011, 389). Nur dann ergibt sich die notwendige Tatsache aus der Verfahrensakte. Beim Unterhaltsvergleich, der unter dem Vorbehalt der Rechtskraft der Scheidung geschlossen wird, ist der Urkundsbeamte nur zuständig, wenn das Scheidungsurteil im Verbundverfahren (§ 137 FamFG), also im selben Verfahren ergeht, in dem der Unterhaltsvergleich geschlossen worden ist; ist die Scheidung hingegen aus den Akten eines anderen (selbstständigen) Verfahrens nachzuweisen, bleibt es bei der Rechtspflegerzuständigkeit (MünchKomm/ZPO-Wolfsteiner, § 795b Rn. 2). In anderen als in § 795b ZPO bezeichneten Fällen obliegt die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung dem Rechtspfleger (§ 20 Nr. 12 RPflG).

2 Rechtsfolge

 

Rz. 2

In denjenigen Fällen, in denen die Voraussetzungen der Norm vorliegen, ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs zuständig. Entsprechend den §§ 706 Abs. 1 Satz 2, 724 Abs. 2 ZPO ist – bei Vorliegen der Voraussetzungen – der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des höheren Gerichts zuständig, wenn der Rechtsstreit dort anhängig ist. Handelt in diesen Fällen gleichwohl der Rechtspfleger anstelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, ist die von ihm erteilte vollstreckbare Ausfertigung wirksam (§ 8 Abs. 5 RPflG). Die Angabe in der Vollstreckungsklausel, dass sich die Wirksamkeit des Vergleichs aus der Verfahrensakte ergibt, ist nicht vorgeschrieben (Zöller/Geimer, ZPO, § 795b Rn. 6).

Der Urkundsbeamte hat die Wirksamkeit des Vergleichs nach den allgemeinen Regeln zu prüfen; insbesondere dahingehend, ob ein Titel mit vollstreckbarem Inhalt vorliegt (BGH NJW-RR 2004, 1718). Da in den Fällen des § 795b ZPO die Klausel gerade nicht nach § 726 Abs. 1 ZPO erteilt wird, ist eine Zustellung der Klausel nach § 750 Abs. 2 ZPO nicht notwendig (Zöller/Geimer, ZPO, § 795b Rn. 6; a. A. LG Koblenz a. a. O.).

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