Rz. 1

Mit der Vollstreckungsabwehrklage (auch als Vollstreckungsgegenklage bezeichnet) kann der Vollstreckungsschuldner Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend machen. Mit dieser Klage, die sich gegen den Vollstreckungsgläubiger richtet, soll nicht eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme abgewehrt, sondern die Vollstreckbarkeit des Titels insgesamt beseitigt werden. Die Klage "gleicht damit die Formalisierung der Zwangsvollstreckung aus": Die Zwangsvollstreckung als Staatsakt ist durch den Titel gerechtfertigt, die Zwangsvollstreckung als Mittel zur Gläubigerbefriedigung dagegen allein durch den vollstreckbaren Anspruch. Soweit Einwendungen des Vollstreckungsschuldners gegen den Anspruch nicht durch die materielle Rechtskraft abgeschnitten sind, muss dieser sie gegenüber dem Gläubiger zur Geltung bringen können. Sie dient nicht der Durchbrechung der Rechtskraft, richtet sich nicht gegen den Titel selbst, sondern gegen die Vollstreckbarkeit desselben (BGH, MDR 1985, 138). Dem Vollstreckungsschuldner steht sie in den Fällen zu, in denen dem titulierten Anspruch rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen entgegenstehen, die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind. Nach h. M. ist die Vollstreckungsabwehrklage eine prozessuale Gestaltungsklage, deren Streitgegenstand die Vernichtung der Vollstreckbarkeit des Titels ist (LG Duisburg, Urteil v. 7.5.2021, 10 O179/16, juris; BGHZ 118, 229; WM 1991, 1097, 1098). Bei einem der Vollstreckungsabwehrklage stattgebenden Urteil erwächst die Entscheidung über das Bestehen der gegen den titulierten Anspruch erhobenen Einwendung grundsätzlich nicht in Rechtskraft. Es wird lediglich die Vollstreckbarkeit des titulierten Anspruchs beseitigt (BGH, NJW 2009, 1282; WM 1989, 1514 = NJW-RR 1990, 48). Mit ihr wird nicht das Verfahren fortgesetzt, das zu dem Erlass des Vollstreckungstitels geführt hat, sondern ein eigenständiger neuer Rechtsstreit eingeleitet (BGH, NJW 2009, 1282). Der Klageantrag geht dahin, die Zwangsvollstreckung aus dem angegriffenen Titel für unzulässig zu erklären (OLG, Brandenburg FamRZ 2004, 558). Auch das Verfahren der Vollstreckungsabwehrklage wird nach § 240 ZPO unterbrochen (BGH, NJW-RR 2009, 60). Ändert der Kläger im Verlaufe des Rechtsstreites die materiell-rechtlichen Einwendungen, liegt eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO vor, weil neben dem Antrag auf Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung der geltend gemachte materiell-rechtliche Einwand den Streitgegenstand bestimmt (OLG Köln, InVo 1999, 59).

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