Rz. 8

Diese Voraussetzung zeigt mit aller Deutlichkeit, dass es sich hier um Umstände handeln muss, die über diejenigen der allgemeinen Vollstreckungsschutzbestimmungen hinausgehen und der Norm ihren Ausnahme- und Auffangcharakter geben (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 765a Rn. 29, 30). Härten, die jede Zwangsvollstreckung mit sich bringt, hat der Schuldner hinzunehmen (BGH, NJW 2004, 3635). Daher begründet es keine Härte im Sinne der Vorschrift, wenn die Zwangsvollstreckung einen erheblichen Eingriff in den Lebenskreis des Schuldners bewirkt, wenn ihm der Verlust eines ihm lieb gewordenen Gegenstands "weh tut" oder wenn er finanzielle Aufwendungen als Folge (z. B. Umzug in eine andere Wohnung) der Vollstreckung machen muss (LG Münster, InVo 2002, 293; OLG Frankfurt/Main, OLGZ 1981, 250; Zöller/Seibel, § 765a Rn. 5). Die Umstände müssen die konkrete Zwangsvollstreckung gegen diesen Schuldner von der Vollstreckung vergleichbarer Titel gegen andere Schuldner unterscheiden. Sie können alsdann in der Person des Schuldners (Alter, Gebrechlichkeit, Gesundheitsgefährdung), der des Gläubigers (schikanöses Verhalten) oder auch im Ergebnis der Zwangsvollstreckung (Verlust eines nicht wieder zu beschaffenden Gegenstands wegen relativ geringfügiger Forderung) liegen. Bei der Prüfung dessen, was als besondere Härte anzusehen ist, sind auch die Wertentscheidungen des Grundgesetzes und die dem Schuldner auch in der Zwangsvollstreckung gewährleisteten Grundrechte zu berücksichtigen (BVerfG, WM 2011, 2232; NJW 2007, 2910 = DGVZ 2007, 171; FamRZ 2007, 107 = NJW-RR 2007, 228; Rpleger 2005, 614 = DGVZ 2006, 88 = FamRZ 2005, 1972; NJW 2004, 49 = ZMR 2004, 46; NJW-RR 2001, 1523= NZM 2001, 951; ZMR 1998, 481 = NZM 1998, 431; NJZ 1998, 295 = NZM 1998, 21 = ZMR 1997, 626; NJW 1994, 1719 = Rpfleger 1994, 470 = Grundeigentum 1994, 1249; NJW 1994, 1279 = Rpfleger 1994, 427 = DGVZ 1994, 71; NJW 1992, 1155 = Rpfleger 1992, 259; ; BVerfGE 84, 345; BVerfGE 52, 214). Wird z. B. ein 10 Jahre altes Kraftfahrzeug gepfändet, das im Familienverband einer 5-köpfigen Familie als Zweitwagen gehalten wird, liegt darin lediglich eine gewöhnliche, mit jeder Zwangsvollstreckungsmaßnahme verbundene Härte, die keinen Vollstreckungsschutz rechtfertigt (LG Wuppertal, DGVZ 2009, 43). Gleiches gilt für die Pfändung eines LCD-Farbfernsehgerätes im Wege der Austauschpfändung (LG Wuppertal, DGVZ 2009, 41 = JurBüro 2009, 326). Das Erfordernis einer regelmäßigen ärztlichen Behandlung der Schuldnerin und/oder ihrer minderjährigen Kinder allerdings kann ein Umstand sein, der die Vollstreckung in ein Kraftfahrzeug, das zur Durchführung der regelmäßigen Arztbesuche benötigt wird, als eine mit den guten Sitten nicht zu vereinbarende Härte erscheinen lässt (LG Kaiserslautern, Rpfleger 2006, 482).

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