Rz. 27

Von den drei in der Vorschrift zur Verfügung gestellten Maßnahmen hat das Vollstreckungsgericht diejenige zu ergreifen, die zur Vermeidung oder Beseitigung der sittenwidrigen Härte ausreichend, erforderlich und geeignet ist.

 

Rz. 28

Den Regelfall der anzuordnenden Maßnahmen bildet die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, durch die eine bereits begonnene Maßnahme der Zwangsvollstreckung in dem Stadium, in dem sie sich befindet, aufrechterhalten wird, aber weitere Maßnahmen zur Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aufgeschoben werden. Die Einstellung ist möglichst durch eine eindeutig bestimmte Frist oder einen festen Termin zeitlich zu begrenzen (OLG Köln, DGVZ 1990, 9). Räumungsschutz kann ganz ausnahmsweise allerdings auch auf Dauer gewährt werden (BVerfG, NJW 1992, 1155). Das Vollstreckungsgericht kann die einstweilige Einstellung von einer Sicherheitsleistung des Schuldners abhängig machen. Bei einer Einstellung der Zwangsvollstreckung (Zwangsräumung) wegen Selbstmordgefahr kann auch eine Auflage mit dem Inhalt angeordnet werden, dass der Vollstreckungsschuldner eine erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit wahrnimmt und dass er die Notwendigkeit weiterer Behandlungen in halbjährlichem Abstand durch eine Bescheinigung des Sozialpsychiatrischen Dienstes nachweist (ThürOLG, InVo 2000, 432). Die Einstellung kann auch (zusätzlich) mit Zahlungsauflagen an den Schuldner verbunden werden, wobei die Vorschrift des § 850c ZPO allenfalls entsprechend anwendbar ist (ThürOLG, a. a. O.).

 

Rz. 29

Die Untersagung bezieht sich auf künftige Vollstreckungsmaßnahmen. Die Untersagung ist ebenfalls zeitlich zu begrenzen, weil grundsätzlich die Durchsetzbarkeit dem titulierten Anspruch nicht endgültig genommen werden darf (siehe aber BVerfG, a. a. O.).

 

Rz. 30

Nur im äußersten Fall, wenn anders die sittenwidrige Härte nicht beseitigt werden kann, darf das Gericht eine bereits vorgenommene Maßnahme der Zwangsvollstreckung, deren vollstreckungsrechtliche Wirkungen noch andauern und die sittenwidrige Härte hervorrufen, aufheben (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 765a Rn. 97); so auch dann, wenn eine den Schuldner erheblich belastende Zwangsvollstreckungsmaßnahme, die bei Ausschöpfung aller Schuldnerrechte erkennbar noch nicht einmal zu einer nennenswerten Teilbefriedigung führt, falls künftig keine Änderung dieses Zustands zu erwarten sind (OLG Nürnberg, MDR 2001, 835). Eine Vollstreckungsmaßnahme, durch deren Durchführung die Zwangsvollstreckung beendet wurde und die keine vollstreckungsrechtlichen Wirkungen mehr hat, kann nicht aufgehoben werden. Bei einer Vollstreckungsmaßnahme des Gerichtsvollziehers bedeutet die Aufhebung zugleich die Anordnung an diesen, nach Eintritt der Rechtskraft (Abs. 4) die Pfändung aufzuheben.

 

Rz. 31

Die Schutzmaßnahmen berühren den materiell-rechtlichen Anspruch des Gläubigers nicht. Verzugsfolgen, insbesondere die Pflicht zur Verzinsung, entfallen nicht für die Zeit der Einstellung der Zwangsvollstreckung.

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