1 Grundsatz – Zweck

 

Rz. 1

Die Pflicht des Gerichtsvollziehers zur Anlegung und Führung von Akten ist im Einzelnen in den §§ 38 bis 43 GVO niedergelegt. Der Gerichtsvollzieher hat zu führen: General-, Sammel- und Sonderakten (§§ 38 bis 40 GVO). Für die Einsichtnahme durch die Beteiligten kommen allein die Sonderakten sowie die Belege über Kosten für mehrere Sachen und gemeinsame Blätter in den Sammelakten in Betracht. Sonderakten sind für jeden Vollstreckungsauftrag zu führen und enthalten insbesondere alle in dem Verfahren entstandenen Schriftstücke (im Einzelnen § 39 GVO). Der Gerichtsvollzieher kann diese Akten auch elektronisch führen. Die Vorschrift bestimmt, wem vom Gerichtsvollzieher auf Antrag Akteneinsicht zu gestatten ist und wem Abschriften einzelner Schriftstücke aus der Akte zu erteilen sind. Nicht geregelt ist, welche Mitteilungen aus den Akten der Gerichtsvollzieher von Amts wegen wem zu machen hat. Diese Pflichten ergeben sich aus § 763 ZPO. Akteneinsichtsrecht und das Recht auf Erteilung von Abschriften aus den Akten dienen der Information der Beteiligten und zugleich der Kontrolle des Gerichtsvollziehers. Die Vorlage der Gerichtsvollzieherakten an Gerichte sowie die Einsicht durch Behörden – einschließlich des Finanzamts – richtet sich nach § 42 GVO (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 760 Rn. 2).

2 Akteneinsicht

 

Rz. 2

Auf Verlangen erhalten Akteneinsicht durch den Gerichtsvollzieher nur die an der Zwangsvollstreckung Beteiligten (einschließlich ihrer Bevollmächtigten). Es sind dies Gläubiger und Schuldner des Verfahrens der Zwangsvollstreckung und deren Rechtsnachfolger (LG Tübingen, DGVZ 2020, 150). Ein Dritter ist dann Beteiligter, wenn er durch eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung in das Verfahren einbezogen oder sonst durch das Verfahren in seinen Rechten betroffen ist. Das trifft zum einen auf diejenigen zu, die sich eines die Veräußerung hindernden oder die vorzugsweise Befriedigung gestattenden Rechts am Gegenstand der Zwangsvollstreckung berühmen (§§ 771, 805 ZPO); weiter auf diejenigen, in deren Interesse Gegenstände des Schuldners der Pfändung (ausnahmsweise) nicht unterliegen (§ 811 Abs. 1 Nr. 1 und 5 ZPO); auch diejenigen, in deren Besitzrecht eingegriffen wurde (§§ 809, 886 ZPO), und schließlich der von der Verwaltung ausgeschlossene Ehegatte im Falle des § 740 ZPO und der Erbe im Falle des § 748 ZPO. Die Einsichtnahme umfasst das Recht der Beteiligten, sich Aufzeichnungen zu machen. Bei der Einsichtnahme durch Beteiligte hat der Gerichtsvollzieher anwesend zu sein, um zu verhindern, dass Schriftstücke aus den Akten entfernt und möglicherweise vernichtet werden (§ 42 Abs. 1 Satz 3 GVO). Eine Aktenversendung zur Einsicht kann nicht verlangt werden (LG Köln, Beschluss v. 14.7.2020, 34 T 74/20, juris; AG Berlin-Charlottenburg, DGVZ 1978, 159; Zöller/Seibel, § 760 Rn. 1). Die Akteneinsicht von Dritten, die nicht am Verfahren der Zwangsvollstreckung beteiligt sind, richtet sich nach § 299 Abs. 2 ZPO.

3 Abschriften einzelner Aktenstücke

 

Rz. 3

Das Recht auf Einsicht der Akten wird ergänzt durch das Recht, Abschriften von Aktenteilen (auch Kostenbelege, vgl. AG Dessau-Roßlau, Beschluss v. 11.4.2019, 14 M 36/19, juris) zu erhalten. Abschriften von einzelnen sich bei den Akten befindenden Schriftstücken (auch von Kostenbelegen) erhalten ebenfalls nur Beteiligte. Das Recht des Gläubigers im Hinblick auf die Übersendung der Abschrift einer umfassenden Abfrage zur Einholung von Drittauskünften ist beschränkt auf die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung notwendigen Angaben. Insofern ist es zulässig, wenn der Gerichtsvollzieher diejenigen Auskünfte (hier: in der Auskunft eines Rentenversicherungsträgers) einschwärzt, die für die Zwecke der Zwangsvollstreckung nicht erforderlich sind (AG Eschweiler, DGVZ 2021, 124). Der Gerichtsvollzieher kann im Rahmen des § 760 ZPO auf Anforderung die Fremdrechnung dem Gläubiger zur Kenntnis geben (AG Duisburg, Beschluss v. 20.3.2018, 24 M 2405/17, juris; AG Leipzig, Beschluss v. 26.9.2017, 431 M 16244/17, juris). Die erteilte Abschrift ist vom Gerichtsvollzieher zu beglaubigen. Um unnötige Kosten zu vermeiden, werden Abschriften nur auf Antrag erteilt (§ 42 Abs. 1 Satz 2 GVO). Der Antrag auf Erteilung einer Abschrift, insbesondere des Protokolls, kann bereits im Vollstreckungsauftrag gestellt werden. Werden die Akten des Gerichtsvollziehers elektronisch geführt, erfolgt die Gewährung von Akteneinsicht durch Erteilung von Ausdrucken, durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten oder durch Wiedergabe auf einem Bildschirm (Satz 2).

4 Mitteilungspflichten des Gerichtsvollziehers

 

Rz. 4

Die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers zur Mitteilung an Beteiligte über die Erledigung eines Auftrags wird durch die Möglichkeit der Akteneinsicht und Erteilung von Abschriften aus den Akten nicht berührt. Der Gerichtsvollzieher ist im Rahmen eines ihm erteilten Vollstreckungsauftrags von Amts wegen verpflichtet, den Gläubiger über den Ausgang des Vollstreckungsverfahrens zu unterrichten. Zudem ist dem Gläubiger Akteneinsicht zu gestatten. Diese dient auch der Kontrolle durch den Gläubiger (LG Tübingen, DG...

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