Rz. 1

Für den Bereich der Zwangsvollstreckung zieht die Bestimmung die Konsequenzen aus § 50 Abs. 2 ZPO: Wenn es möglich ist, gegen den Verein einen Titel zu erwirken, muss dieser auch vollstreckbar sein. Mit dem Wort "genügt" wird im Übrigen deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber den Titel gegen den Verein nicht als die einzige Vollstreckungsmöglichkeit in das Sondervermögen des Vereins ansieht (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 735 Rn. 1 bis 3). Die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Vereins setzt nach der Bestimmung ein Urteil voraus, das gegen den nicht rechtsfähigen Verein als solchen (Bezeichnung mit Vereinsnamen und Angabe des Vorstandes als Vertreter des Vereins) ergangen ist (§ 50 Abs. 2 ZPO; vgl. auch § 54 GVGA). Nach allgemeiner Meinung ist nämlich in entsprechender Anwendung des § 736 ZPO ein gegen alle Vereinsmitglieder gerichteter Titel ebenfalls zur Vollstreckung in das Vermögen des Vereins geeignet und ausreichend. Nach der Auffassung eines Teils der Literatur ist nach der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der sog. Außen-GbR (BGH, NJW 2001, 1056), welche auch das Verständnis der Vermögenszuordnung beim nicht rechtsfähigen Verein gewandelt habe, die Bestimmung weitgehend entbehrlich geworden (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 735 Einleitung). Die vorgenannte Auffassung wird damit begründet, dass dann, wenn man infolge des gewandelten Verständnisses der Außen-GbR (BGH, NJW 2001, 1056) zutreffend auch den nicht rechtsfähigen Verein selbst als Träger des Vereinsvermögens ansehe (vgl. BGH, NJW 2008, 69; Boemke/Ulrici, BGB-AT, § 22 Rn. 50; MünchKomm/BGB-Leuschner § 54 Rn. 20; Palandt/Ellenberger, § 54 Rn. 7; für den nichtwirtschaftlichen Verein auch MünchKomm/BGB-Reuter, BGB § 54 Rn. 19; unentschieden BGH, NZG 2016, 666 Rn. 13 ff.), sei die Regelung in § 735 neben der in § 50 Abs. 2 ZPO weitgehend entbehrlich (BeckOK/ZPO-Ulrici, § 735 Rn. 2). Da der nicht rechtsfähige Verein selbst Träger des Vereinsvermögens sei, könne aufgrund eines gegen ihn erlangten Titels selbstverständlich gegen ihn vollstreckt werden, weil er im Vollstreckungsverfahren die gleiche verfahrensrechtliche Stellung wie ein rechtsfähiger Verein innehabe. Bedeutung habe die Bestimmung lediglich noch im Wege der entsprechenden Anwendung auf sog. Gründungs- oder Vorgesellschaften, soweit diese ohnehin nicht als rechtsfähig angesehen würden (BeckOK/ZPO-Ulrici, a. a. O. Rn. 4). Da die Vermögenszuordnung auch nach der Entscheidung des BGH (NJW 2008, 69) nicht eindeutig festgelegt, sondern die Parteifähigkeit des nicht rechtsfähigen Vereins bejaht wurde, sollte – solange der Gesetzgeber die Regelung nicht streicht – diese weiterhin in der bestehenden Fassung auf die Fälle der Zwangsvollstreckung gegen den nicht rechtsfähigen Verein angewandt werden.

 

Rz. 2

Aus Titeln nur gegen einzelne Vereinsmitglieder, aber auch gegen alle Vereinsmitglieder, soweit es sich lediglich um Privatverbindlichkeiten (und nicht um Verbindlichkeiten des Vereins) handelt, kann nicht in das Vereinsvermögen vollstreckt werden. Die Bestimmung gilt nach ihrem Wortlaut unmittelbar für Urteile (§ 704 Abs. 1 ZPO). Nach § 795 ZPO gilt sie aber entsprechend auch für Titel nach § 794 Abs. 1 ZPO, die gegen einen nicht rechtsfähigen Verein gerichtet sind, und zwar auch nach der Auflösung des Vereins bis zur Vollbeendigung der Liquidation (BGH, NJW 1979, 1592). Sie wird analog angewandt auf Gründungs- und Vorgesellschaften (MünchKomm/ZPO-Heßler, § 735 Rn. 6). Ob die Bestimmung auch im Hinblick auf die Zwangsvollstreckung gegen ausländisches Vermögen anwendbar ist, hängt davon ab, ob ein dem deutschen Recht vergleichbares Sondervermögen vorhanden ist (OLG Koblenz, RIW 1986, 137).

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