Leitsatz

Stempeluhrmissbrauch kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts eine ordentliche und je nach den Umständen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, wie der Vorgang strafrechtlich zu bewerten ist. Im vorliegenden Fall verließ ein Arbeitnehmer gegen 15.30 Uhr seinen Arbeitsplatz, da er um 15.40 Uhr einen Massagetermin wahrnehmen wollte. Die Stempeluhr betätigte er nicht , weil er nach seiner Einlassung entweder die Betätigung der Stempeluhr vergessen hatte oder ein Einlesefehler vorlag. Am nächsten Tag reichte er beim Arbeitgeber ein Zeitausgleichsformular für den vorigen Tag ein, auf dem er als Arbeitsende 16.00 Uhr eintrug. Der Vorgesetzte des Arbeitnehmers recherchierte wegen des Arbeitsendes an diesem fraglichen Tag und erfuhr von dem Massagetermin. Auf Befragen wegen des angegebenen Arbeitsendes räumte der Arbeitnehmer ein, dass er sich um einige Minuten versehen haben könnte und notierte das Arbeitsende auf dem Zeitausgleichsformular schließlich auf 15.55 Uhr. Daraufhin stellte ihn der Arbeitgeber vor die Wahl einer fristlosen Kündigung oder eines Auflösungsvertrags. Der Arbeitnehmer unterzeichnete den Auflösungsvertrag, focht ihn aber später wegen rechtswidriger Drohung durch den Arbeitgeber an.

Das Bundesarbeitsgericht stellte hierzu entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass eine widerrechtliche Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung, die zur Anfechtung eines Aufhebungsvertrags berechtigt, nur vorliegt, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht in Erwägung ziehen durfte. Dabei ist nicht erforderlich , dass die Kündigung sich in einem Kündigungsschutzprozess als rechtsbeständig erwiesen hätte. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer die ihm angelastete Gleitzeitmanipulation zu widerlegen, indem er den Beweis zu erbringen hat, dass er das Bedienen der Stechuhr lediglich vergessen oder ein Einlesefehler vorgelegen hat. Andernfalls ist die Anfechtung des Aufhebungsvertrags unwirksam.

 

Link zur Entscheidung

BAG, Urteil vom 12.08.1999, 2 AZR 832/98

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