1 Leitsatz

Bei einer Klage auf Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung beträgt das für die Streitwertberechnung heranzuziehende Gesamtinteresse regelmäßig 25 % des Wertes der begehrten Beschlüsse.

2 Normenkette

§ 49 GKG

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K erhebt eine Beschlussersetzungsklage. Das Gericht soll ihn ermächtigen, eine Versammlung einzuberufen. K teilt dem Gericht mit, welche Tagesordnung er versenden will. Dort finden sich 8 Beschlussvorschläge. Das Gesamtinteresse der erwünschten Beschlüsse hat das Amtsgericht unbestritten mit 4.950 EUR bemessen. Auf diesen Wert setzt es auch den Gebührenstreitwert fest. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die erstrebt, den Streitwert allenfalls mit den möglichen Kosten für die Durchführung einer Eigentümerversammlung zu bemessen.

4 Die Entscheidung

Die Beschwerde hat Erfolg! Der Gebührenstreitwert sei nach § 49 GKG nach dem Gesamtinteresse aller Wohnungseigentümer zu bemessen, wobei das 7,5-fache klägerische Interesse die Grenze bilde. Das Gesamtinteresse sei einerseits nicht mit dem Interesse der begehrten Beschlüsse gleichzusetzen. Andererseits sei es aber auch nicht sachgerecht, das Interesse lediglich mit den Kosten für die Durchführung einer Versammlung zu bemessen. Vielmehr sei es richtig, den Gebührenstreitwert mit einem Viertel des Interesses an den gefassten Beschlüssen zu bemessen. Das für § 49 GKG maßgebliche Einzelinteresse bemesse sich nach dem auf den Kläger entfallenden Anteil des Werts der begehrten Beschlüsse. Da die Gemeinschaft im Fall nur aus 2 Wohnungseigentümern bestehe, übersteige das 7,5-fache Einzelinteresse das Gesamtinteresse, sodass der Streitwert nach diesem zu bemessen sei. Daher sei der Wert auf 1.237,50 EUR (25 % von 4.950 EUR) festzusetzen.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall will ein Wohnungseigentümer einen Beschluss nach § 24 Abs. 3 Fall 2 WEG erzwingen. Streitig ist, wie der Gebührenstreitwert für diese Klage festzusetzen ist.

Gebührenstreitwert

Für die Festsetzung des Gebührenstreitwerts sind mehrere Schritte zu unternehmen. Überblick:

  • Schritt 1 – Festsetzung des Gesamtinteresses.
  • Schritt 2 – Ermittlung des 7,5-fachen Werts des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen
  • Schritt 3 – Ermittlung des Verkehrswerts des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen
  • Schritt 4 – Vergleich
  • Schritt 5 – Maßgeblich ist der kleinste Wert (meist, aber nicht immer, das 7,5-fache klägerische Interesse)

Für das Gesamtinteresse muss man ermitteln, welches Interesse die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer an der Versammlung hat. Dazu ist zu betrachten, um welche Gegenstände es geht. Dazu ist deren Wert zu ermitteln. Für das 7,5-fache klägerische Interesse ist das Individualinteresse zu ermitteln. Im Fall lautet das Gesamtinteresse nach den AG-Feststellungen 4.950 EUR. Für einen Abschlag von ¾ sehe ich keinen Raum. Zwar geht es nicht um die Beschlüsse, sondern um die Möglichkeit diese zu fassen. Ohne Möglichkeit, gibt es aber keine Beschlüsse. Daher muss die Möglichkeit wertmäßig mit den Beschlüssen übereinstimmen (ähnlich macht man es bei der Ablehnung eines Richters: diese entspricht dem Wert der Hauptsache). Das Individualinteresse des Klägers wird im Fall wohl ½ von 4.950 EUR betragen haben. Multipliziert man diesen Betrag mit 7,5 (= 18.562,50 EUR), übersteigt er 4.950 EUR. Danach ist dem AG Recht zu geben. Der Wert ist auf 4.950 EUR festzusetzen.

6 Entscheidung

LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 2.2.2023, 2-13 T 3/23

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