1 Leitsatz

Wird Sondereigentum zweckwidrig gebraucht, verjährt der Unterlassungsanspruch der übrigen Wohnungseigentümer nicht, solange der Gebrauch anhält.

2 Normenkette

WEG § 15 Abs. 3; BGB § 1004 Abs. 1 Satz 1

3 Sachverhalt

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K geht nach einer Vergemeinschaftung gegen Teileigentümer B auf Unterlassung vor. B hat sein Teileigentum, in dem nach der Gemeinschaftsordnung nur ein Laden betrieben werden darf, zum Betrieb eines Restaurants verpachtet. Das AG gibt der Klage statt. Dagegen geht B vor. Er meint, das Restaurant sei bei typisierender Betrachtungsweise nicht störender als ein der Zweckbestimmung entsprechender Gebrauch der Räume als Laden. Zudem sei sein Sondereigentum bereits im Zeitpunkt der Errichtung der Wohnungseigentumsanlage als gastronomische Einheit "konstruiert" worden. Sein Sondereigentum werde auch von Anfang an als Restaurant gebraucht. Dieser Gebrauch sei dem Verwalter bzw. der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zudem seit 2012 bekannt.

4 Entscheidung

Die Berufung zum LG hat keinen Erfolg! Der Gebrauch als Restaurant sei bei typisierender Betrachtungsweise störender als der als Laden. Dass der Bauträger das Sondereigentum des B als "gastronomische Einheit" geplant und verkauft habe, sei unerheblich. Der Unterlassungsanspruch sei auch nicht verjährt. Werde ein Sondereigentum zweckwidrig gebraucht, verjähre der Unterlassungsanspruch nicht, solange dieser Gebrauch anhalte. Der Anspruch sei auch nicht verwirkt. Die bloße Kenntnis vom zweckwidrigen Gebrauch oder eine bloße Untätigkeit der Wohnungseigentümer oder des Verwalters reichten nicht aus. Auch müssten sich die Wohnungseigentümer das Verhalten des Verwalters selbst nicht zurechnen lassen.

Hinweis

Der Mieter eines Teileigentümers gebraucht ein Sondereigentum, in dem nur ein Laden betrieben werden darf, als Restaurant. Dagegen gehen die anderen Wohnungseigentümer vor. Sie vergemeinschaften ihre Unterlassungsansprüche aus § 15 Abs. 3 WEG und § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB und lassen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen den vermietenden Teileigentümer vorgehen. Der wendet zwar Einiges ein, nichts davon ist aber überzeugend. Der Verwalter sollte die Einwände im Kern kennen.

  • Typisierende Betrachtungsweise. In einem Teileigentum darf der Teileigentümer oder sein Mieter grundsätzlich jedem Gebrauch nachgehen, der nicht gerade in einem "Wohnen" besteht. Sollen Räume als Restaurant gebraucht werden, ist diese Bedingung erfüllt. Allerdings können die Wohnungseigentümer vereinbaren, dass dem Teileigentümer und seinem Mieter nicht jeder Gebrauch erlaubt sein soll. So war es im Fall. Danach sollte das Teileigentum nur als "Laden" gebraucht werden dürfen. Der Gebrauch als Restaurant war damit verboten. Nach h. M. ist in diesem Fall allerdings zu fragen, ob der tatsächliche, eigentlich verbotene Gebrauch nach einer "typisierenden Betrachtungsweise" als erlaubt zu behandeln ist. So liegt es, wenn der tatsächliche Gebrauch nicht mehr stört als der vereinbarte. Im Fall war also zu fragen, was insoweit gilt. Das LG macht hier zu Recht "kurzen Prozess": Natürlich stört ein Restaurant nach einer "typisierenden Betrachtungsweise" mehr als ein Laden.
  • Verabredungen mit dem Bauträger. Im Fall wandte B weiter ein, er habe kein Teileigentum kaufen wollen, in dem man (nur) einen Laden betreiben will. Da muss man sagen: Augen auf beim Kauf. Man muss in der Gemeinschaftsordnung nachsehen, welcher Gebrauch erlaubt ist. Im Übrigen hat man gegebenenfalls Rechte gegen den Bauträger, nicht aber gegen die anderen Wohnungseigentümer. Spannend ist allerdings, dass B auch auf die baulichen Eigenarten des Sondereigentums hinwies (wenn es die gab). Denn der BGH hat jüngst gemeint, schwerwiegende Gründe i. S. d. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG, die ein Festhalten an der geltenden Regelung unbillig erscheinen lassen, könnten vorliegen, wenn die durch die Gemeinschaftsordnung vorgegebene Zweckbestimmung eine Nutzung einer "Sondereigentumseinheit" ausschließe, die nach der baulichen Ausstattung der betroffenen Räume möglich sei, und wenn ferner objektive Umstände dafür sprechen, dass dem betroffenen Wohnungseigentümer diese Nutzung eröffnet werden sollte (BGH, Urteil v. 22.3.2019, V ZR 298/16, Rn. 15). Erste Voraussetzung für die Annahme einer in diesem Sinn verfehlten Regelung sei, dass die erforderliche bauliche Ausstattung der betreffenden Räume entweder schon bei der Aufteilung in Wohnungseigentum vorhanden gewesen oder im zeitlichen Zusammenhang mit der Aufteilung erfolgt sei und von den übrigen Wohnungseigentümern hingenommen wurde (BGH, a. a. O., Rn. 16). Insofern mag es sein, dass B über § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG noch sein Glück versuchen kann.
  • Verjährung. B meinte weiter, die anderen Wohnungseigentümer kämen mit ihrem Verlangen zu spät. Dem war aber nicht so! Denn ein fortlaufender Gebrauch ist eine wiederholte Handlung, die jeweils neue (nicht verjährte) Unterlassungsansprüche auslöst.
  • Verwirkung. B meinte schließlich, das Recht der anderen Wohnungseigentümer, von ihm Unterlassung verlangen zu können, ...

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