Leitsatz

  • Kann eine Sozietät wirksam zum Verwalter bestellt werden?
  • BayObLG legt Streitfrage dem Bundesgerichtshof vor
 

Normenkette

§ 12 WEG, § 26 WEG

 

Kommentar

Zu 1.: Im Fall des OLG Frankfurt ging es um eine Verwalterzustimmung nach § 12 WEG und hier speziell um eine zustimmungsfreie Erstveräußerung durch den Bauträgerverkäufer. Im Zuge des Verfahrens musste die Wirksamkeit einer Einladung zu einer Eigentümerversammlung überprüft werden, d. h. die Frage, ob ein entsprechend legitimierter Verwalter eingeladen hatte oder - anfechtbar - nur ein nicht legitimierter "Scheinverwalter". Bestellt war hier eine Sozietät, bestehend aus einem Wirtschaftsprüfer und einem Rechtsanwalt. Sind einzelne natürliche Personen zum Verwalter bestellt (als sog. Gesellschaft bürgerlichen Rechts), handelt es sich nach h.R.M. insoweit um eine unzulässige Verwalterstellung. Im vorliegenden Fall wurde jedoch in Auslegung eines Beschlusses eine Sozietät zum Verwalter bestellt; hier schließt sich der Senat der bisher nur von Merle zur Bestellung mehrerer Wohnungseigentümer vertretenen Mindermeinung an (vgl. Merle, Bestellung und Abberufung des Verwalters S. 73, 74).

Aus Verwaltervertrag wird jeder Sozius verpflichtet und etwaige Pflichtverletzungen führen zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Sozien. Die Zustellung ist insoweit auch dadurch vereinfacht, dass jeweils an einen Sozius wirksam zugestellt werden kann. Danach sind nach Meinung des Senats keine zwingenden Gründe ersichtlich, die der Bestellung jedenfalls einer Sozietät zum Verwalter entgegenstehen.

Zu 2.: Das BayObLG folgt jedoch (im Fall der Bestellung eines Ehepaares zum Verwalter) der h.R.M. und verneint die Verwalterbestellung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, da sich die Verantwortlichkeit nicht auf eine Personenmehrheit verteilen könne; ein entsprechender Eigentümerbestellungsbeschluss sei als Verstoß gegen den zwingenden § 26 WEG nichtig. Bei der Eintragung der Auflassung eines Eigentümers, zu der die Zustimmung des Verwalters erforderlich sei ( § 12 WEG), habe das Grundbuchamt die Nichtigkeit eines solchen Eigentümerbeschlusses unabhängig davon zu prüfen, ob die Nichtigkeit vom Wohnungseigentumsgericht festgestellt sei (aus diesem Grund Vorlage an den BGH wegen Abweichung von OLG Frankfurt, RPfl. 1988, 184). Nach Meinung des BayObLG (unter Berufung auf die h.R.M.) bedarf es einer gerichtlichen Ungültigerklärung nicht, wenn ein Beschluss gegen eine zwingende Vorschrift des WEG oder gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot ( § 134 BGB) verstößt ( § 23 Abs. 4 WEG). Nach Auffassung des OLG Frankfurt könne demgegenüber die Nichtigkeit eines Beschlusses ausschließlich im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG vom WE-Gericht festgestellt werden, nicht jedoch vom Grundbuchamt. ( BayObLG, Beschluss v. 12.01.1989, BReg 2 Z 123/88= BayObLGZ 1989 Nr. 2 = NJW-RR 9/1989, 526)

 

Link zur Entscheidung

( OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.02.1989, 20 W 259/88)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Der BGH wird also in erster Linie zu klären haben, wie weitgehend auch dem Grundbuchamt ein materiell-rechtliches Beschlussgültigkeitsprüfungsrecht zusteht. Auf eindeutig nichtige Beschlüsse kann sich m.E. jedermann jederzeit berufen (also auch das Grundbuchamt), ohne dass es hier erst eines Nichtigkeitsfeststellungsverfahrens vor dem WE-Gericht bedarf. Der vorliegende Fall zeigt jedoch, dass Fragen einer Nichtigkeit eines Beschlusses höchst umstritten sein können; in einem solchen Fall kann m.E. einem Grundbuchamt - von dessen Funktion her gesehen - keine materiell-rechtlich vorgreifliche Entscheidungsbefugnis eingeräumt werden, die im Streitfall zivilgerichtlich geklärt werden muss, auch wenn sich in diesen und ähnlichen Fällen später einmal - korrigierbar - eine Unrichtigkeit des Grundbucheintrags herausstellen sollte.

Da beide OLGs zum Entscheidungszeitpunkt auch von ihren abweichenden Meinungen in der Frage der Zulässigkeit/Unzulässigkeit der Bestellung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Verwalter augenscheinlich keine Kenntnis hatten (andernfalls wäre schon aus diesem Grund eine Vorlage zum BGH geboten gewesen), wird sich nunmehr der BGH auch mit dieser umstrittenen Frage zu § 26 WEG zu befassen haben.

[Der BGH hat sich der Meinung des BayObLG angeschlossen, vgl. BGH, Beschluss v. 18.05.1989, V ZB 48/89]

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