Leitsatz

  1. Anlegung eines Gartens auf gemeinschaftlicher Dachfläche als nachteilige bauliche Veränderung
  2. Berechtigte Abwehransprüche der Gemeinschaft
 

Normenkette

§ 22 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

  1. Auf einer im Gemeinschaftseigentum stehenden Dachfläche war ein Dachgarten angelegt worden, der ausschließlich von einem Wohnungseigentümer genutzt, d. h. auch umgestaltet und umfangreich neu bepflanzt, wurde. Im Zuge anstehender Dachsanierungsmaßnahmen forderte die Gemeinschaft die vollständige Räumung der Dachfläche und Gestattung, beauftragten Firmen Zugang zu gewähren. Das LG bestätigte die Verpflichtung des Antragsgegners gegenüber der Gemeinschaft, das Abräumen der kompletten vor seiner Wohnung gelegenen Dachfläche zur Untersuchung und Überprüfung auf Dichtigkeit und zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Dachs zu gestatten. Weiterhin erging Feststellungsentscheidung, dass der Antragsgegner nicht berechtigt sei, nach dem Abräumen der Dachfläche dort erneut einen Dachgarten ohne Genehmigung der Gemeinschaft anzulegen. Der Senat bestätigte die Vorentscheidung und den Anspruch der Gemeinschaft gegen den betreffenden Eigentümer auf Duldung der Beseitigung des Dachgartens gem. § 1004 Abs. 1 BGB und § 22 Abs. 1 WEG.
  2. Die Gemeinschaft ist als Rechtsinhaberin der Ansprüche anzusehen. Dies entspricht auch der Entscheidung des 32. Senats des OLG München v. 17.11.2005 (ZWE 2006, 135), die eine Eigentümergemeinschaft für Abwehransprüche, welche das gemeinschaftliche Eigentum betreffen, als beteiligungsfähig ansieht. Darüber hinaus bestätigt die Entscheidung, dass eine Gemeinschaft selbst einen Beseitigungsanspruch geltend machen und durch das dazu ermächtigte Organ (den Verwalter) gerichtlich durchsetzen kann. Vorliegend wurden auch durch einen Eigentümerbeschluss die Voraussetzungen für den Klageauftrag geschaffen (vgl. OLG München v. 12.12.2005, ZMR 2006, 304 mit Anm. Demharter).
  3. Bezüglich des Dachgartens wurde kein eigenständiges Sondereigentum geschaffen, ebenso kein Sondernutzungsrecht zu Gunsten des Antragsgegners, sodass die Fläche im Gemeinschaftseigentum steht. Dies gilt selbst dann, wenn eine solche Fläche nur über ein Sondereigentum erreicht werden kann (vgl. OLG München v. 22.2.2006, NJW-RR 2006, 1022). Vorliegend wurde auch keine Vereinbarung über die Begründung eines entsprechenden Sondernutzungsrechts getroffen. Selbst ein jahrelanges Schweigen der restlichen Eigentümer zur Nutzung der Dachterrasse durch den Antragsgegner und seinen Rechtsvorgänger stellt sich i. d. R. nicht als Willenserklärung dar, sondern ist gerade das Gegenteil einer Erklärung. Wer schweigt, setzt im Allgemeinen keinen Erklärungstatbestand und bringt weder Zustimmung noch Ablehnung zum Ausdruck. Ohnehin war in dieser größeren Gemeinschaft zweifelhaft, ob jedem Eigentümer die eigentumsrechtlichen Verhältnisse in Bezug auf die Dachfläche bekannt waren.
  4. Vorliegend handelte es sich um bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums durch den Antragsgegner, d. h. Eingriffe in die Substanz des gemeinschaftlichen Eigentums, durch die dauerhaft andere Funktionalitäten und eine abgeänderte Optik geschaffen wurde (Drabek in KK-WEG, § 22 Rn. 4). Bereits aufgrund der veränderten Optik sowie im Hinblick auf mögliche Dachreparaturen waren alle Eigentümer betroffen und hätten den Maßnahmen zustimmen müssen. Durch die Bepflanzung und die aufgebrachte Erde können Schäden an der Dachfläche nur erschwert festgestellt und behoben werden; Reparaturen werden dadurch verzögert und teurer. Zustimmungen der übrigen Eigentümer lagen nicht vor. Aus diesem Grund ist der Antragsgegner nicht berechtigt, auf der Dachfläche wiederum einen Dachgarten anzulegen.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 28.03.2007, 34 Wx 119/06

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