Leitsatz

In Ausnahmefällen, hier bei Brandverletzungen 3. Grades, kann die Geltendmachung von Invaliditätsansprüchen auch in einer zeitnah erstatteten Unfallanzeige liegen, wenn darin Verletzungsfolgen genannt werden, die notwendigerweise zur Invalidität führen.

 

Sachverhalt

In vorliegendem Fall verklagte der Versicherungsnehmer seine private Unfallversicherung auf Zahlung einer Invaliditätsentschädigung. Er erlitt bei Reinigungsarbeiten einen Arbeitsunfall, wobei er sich schwere Verbrennungen dritten Grades an Beine, Arme, Hals und Gesicht zuzog. Da er sich in stationärer Behandlung befand, übersandte seine Lebensgefährtin am 8.10.2005 eine Unfallanzeige mit Bekanntgabe der Unfallfolgen an den Versicherer. Darüber hinaus war der Unfallanzeige ein Zeitungsartikel über den Unfall beigefügt, in welchem berichtet wurde, dass sich der Kläger im künstlichen Koma befand. Am 12.12.2006 wurde die Unfallanzeige nochmals zugesandt. Die Versicherung lehnte eine Zahlung wegen Fristversäumnis ab. Die Zusendung der Unfallanzeige reiche hierfür nicht aus.

Im Unterschied zu dem Verlust eines Gliedes oder Querschnittslähmung sei bei Brandverletzungen nicht auf das Vorliegen von Invalidität zu schließen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AUB 94 muss eine Individualität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall auftreten, binnen 15 Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht werden. Ob die Versicherung dem Kläger am 27.10.2005 ein Bestätigungsschreiben zusandte, in der sie auf die einzuhaltenden Fristen hinwies, war zwischen den Parteien streitig.

Das OLG Stuttgart gab der Klage in vollem Umfang statt und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 56320,00 EUR. Erforderlich für die Geltendmachung der Ansprüche sei die Meldung des Unfalls sowie die Behauptung, es liege eine Invalidität vor. Dabei sei es ausreichend, wenn in der Unfallanzeige Verletzungsfolgen genannt würden, die notwendigerweise zu einer Invalidität führen würden. Bei der ersten Unfallanzeige aus dem Jahr 2005 sei das Vorliegen eines Dauerschadens ohne weiteres erkennbar gewesen. Auch einem Laien erschließe sich, dass bei Ganzkörperverbrennungen dritten Grades Verletzungen vorliegen, welche nicht mehr vollständig ausheilen und zu Funktionsbeeinträchtigungen führen können. Ist hiervon ein großer Teil der Körperoberfläche betroffen, sind Dauerschäden nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen unausweichlich. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Urteil v.14.5.2009, 7 U 174/08.

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