1. Das Verbot der pactes sur succession future

 

Rz. 132

Im Hinblick auf Erb- und Erbverzichtsverträge nimmt das französische Recht eine restriktive Haltung ein. Verträge über künftige Erbschaften sind verboten. Dies ergibt sich aus Art. 722 C.C., wonach Vereinbarungen, deren Inhalt die Gewährung von Rechten an einer noch nicht eröffneten Erbschaft oder der Verzicht auf eine noch nicht eröffnete Erbschaft sind, nur in den im Gesetz ausdrücklich geregelten Fällen zulässig sind.[101] Im Rahmen der Festlegung der Grenzen der Ehevertragsfreiheit regelt Art. 1389 C.C., dass Ehegatten keine vertragliche Regelung treffen können, durch welche die gesetzliche Erbfolge abgeändert wird. Aus diesen Vorschriften ergibt sich das grundsätzliche Verbot der sog. pactes sur succession future. Dieser Begriff erfasst nicht nur Erbverträge und Erb- bzw. Pflichtteilsverzichtsverträge im Sinne des deutschen Rechts, sondern ohne Rücksicht auf die Parteien der Absprache alle Vereinbarungen, deren Gegenstand eine noch nicht eröffnete Erbschaft ist.

 

Rz. 133

Grund für dieses umfassende Verbot ist, dass nach romanischem Rechtsempfinden Verträge, die einer Person beim Tod einer anderen Vorteile bringen, unmoralisch sind. Weiterhin wird es als gefährlich angesehen, eine solche Vereinbarung zu treffen, da die begünstigte Partei möglicherweise dazu veranlasst werden könnte, den Tod des Erblassers herbeizusehnen und ihm nach dem Leben zu trachten (votum mortis). Schließlich ist der in Art. 895 C.C. zum Schutz der Testierfreiheit zum Ausdruck kommende Grundsatz der freien Widerruflichkeit einer letztwilligen Verfügung mit einer vertraglichen Bindung an einen Erbvertrag unvereinbar. Vereinbarungen, die gegen das Verbot der pactes sur succession future verstoßen, sind absolut nichtig, eine Umdeutung in Einzeltestamente ist nicht möglich.[102] Ein Beispiel für einen zulässigen pacte sur succession future ist insbesondere der nun mögliche Verzicht auf das Noterbrecht (siehe Rdn 126).

[101] Die vorher zum allgemeinen Vertragsrecht zählende Vorschrift des Art. 1130 Abs. 2 C.C., wonach über eine noch nicht eröffnete Erbschaft keine Vereinbarung getroffen werden und auf eine solche auch nicht verzichtet werden kann, wurde im Rahmen der Schuldrechtsreform vom 10.2.2016 aufgehoben.
[102] Malaurie/Aynès, Successions, Libéralités, Rn 696; Klingelhöffer, Erbverträge im deutsch-französischen Verhältnis, S. 30.

2. Die institution contractuelle als Ausnahme

a) Allgemeines

 

Rz. 134

Das Verbot der Erbverträge wird weiter vor allem durch die Möglichkeit der sog. institution contractuelle eingeschränkt, geregelt in den Art. 1082 ff. C.C. Eine weitere Ausnahme vom Verbot der pactes sur succession future stellt die sog. donation-partage dar, die ihre Wirkung vor allem bei der Erbauseinandersetzung entfaltet und deshalb dort behandelt wird. Bei der institution contractuelle oder donation de biens à venir handelt es sich um einen Vertrag, durch den eine Person, der sog. instituant oder donateur, einem anderen, dem sog. institué oder donataire, verspricht, ihm im Todesfall sein gesamte Vermögen, einen Teil seines Vermögens oder einen bestimmten Gegenstand unentgeltlich zu hinterlassen.

 

Rz. 135

Es gibt drei Formen der institution contractuelle:

die institution contractuelle durch Dritte zugunsten von künftigen Ehegatten in deren Ehevertrag,
die institution contractuelle zwischen künftigen Ehegatten in ihrem Ehevertrag und
die institution contractuelle zwischen Ehegatten nach Eheschließung außerhalb eines Ehevertrages.

In der Praxis ist vor allem die institution contractuelle zwischen (künftigen) Ehegatten von Bedeutung.

b) Die institution contractuelle durch Dritte zugunsten künftiger Ehegatten

 

Rz. 136

Art. 1082 Abs. 1 C.C. bestimmt, dass Dritte im Ehevertrag über das gesamte Vermögen, das sie im Tod hinterlassen, oder einen Teil davon zugunsten der Ehegatten oder für den Fall, dass der donateur diese überlebt, zugunsten der aus der Ehe hervorgehenden Kinder verfügen können. Eine institution contractuelle durch Dritte zugunsten künftiger Ehegatten muss in deren Ehevertrag erfolgen, so dass gem. Art. 1394 Abs. 1 C.C. eine notarielle Beurkundung unter Beteiligung des instituant erforderlich ist. Beim institué reicht die in Art. 1398 Abs. 1 C.C. geregelte Fähigkeit, einen Ehevertrag abzuschließen, aus, dagegen muss der instituant im Zeitpunkt des Abschlusses der institution contractuelle die Fähigkeit besitzen, Schenkungen unter Lebenden zu tätigen (capacité de donner entre vifs).[103] Testierfähigkeit (capacité de tester) ist nicht ausreichend.

 

Rz. 137

Die Anfechtbarkeit einer institution contractuelle wegen Willensmängeln richtet sich nach den allgemein für Verträge geltenden Regeln der Art. 1130 ff. C.C. Wie bei einem Testament ist auch bei einer donation anders als bei sonstigen Verträgen eine Täuschung durch einen Dritten erheblich. Für die Anfechtung gilt die Fünfjahresfrist des Art. 2224 C.C., die nach Art. 1144 C.C. bei einem Irrtum und bei einer Täuschung mit Entdeckung, bei Drohung und Zwang mit Ende der Zwangslage zu laufen beginnt. Eine Anfechtung durch Gesamtrechtsnachfolger kommt nur in Betracht, wenn die Frist für den Erblasser noch nicht abg...

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