1. Persönliche Voraussetzungen

a) Zwei Personen verschiedenen Geschlechts

 

Rz. 8

Bis zum 17.5.2013 konnten nur zwei Personen verschiedenen Geschlechts die Ehe eingehen. Für gleichgeschlechtliche Partner bestand lediglich die Möglichkeit, einen pacte civil de solidarité (PACS) einzugehen (siehe hierzu Rdn 249 ff.). Eine unter gleichgeschlechtlichen Personen geschlossene "Ehe" stellte eine Nichtehe dar; eine Anfechtung der Ehe war nicht erforderlich. Art. 143 CC n.F. stellt nun ausdrücklich klar, dass eine Ehe auch von zwei Personen des gleichen Geschlechts geschlossen werden kann.

b) Altersgrenze

 

Rz. 9

Beide Ehegatten müssen gem. Art. 144 CC mindestens 18 Jahre alt sein. Von dieser Voraussetzung kann gem. Art. 145 CC in Ausnahmefällen, z.B. bei einer Schwangerschaft, durch den Staatsanwalt (procureur de la République) am Ort der Eheschließung auf Antrag Befreiung erteilt werden.

 

Rz. 10

Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Art. 144 CC führt zur absoluten Nichtigkeit der Ehe (nullité absolue),[6] wobei nach Art. 184 CC sowohl die Ehegatten als auch jeder, der an der Anfechtung ein Interesse hat, und die Staatsanwaltschaft (ministère public) anfechtungsberechtigt sind. Die Nichtigkeit ist beim Tribunal judiciaire, das für den Wohnort des Beklagten zuständig ist, innerhalb von 30 Jahren nach Eheschließung gerichtlich geltend zu machen. Nach Art. 187 CC können Verwandte in der Seitenlinie oder Kinder aus einer früheren Ehe die Ehe jedoch nur anfechten, wenn sie daran ein gegenwärtiges Interesse haben.

[6] Zur Unterscheidung zwischen relativer und absoluter Nichtigkeit im französischen Recht vgl. Ferid/Sonnenberger, Bd. 1/1, Rn 1 F 905 ff.

c) Zustimmungserfordernisse

 

Rz. 11

Minderjährige bedürfen nach Art. 148, 149 CC stets der Zustimmung der Eltern. Können sich die Eltern nicht einigen, so gilt dies als Zustimmung. Bei Vorversterben, Abwesenheit oder Geschäftsunfähigkeit eines Elternteils reicht die Zustimmung des anderen. Bei Fehlen, Geschäftsunfähigkeit oder Nichtauffindbarkeit beider Elternteile müssen gem. Art. 150 CC die Großeltern konsultiert werden, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen geht wiederum die Zustimmung eines Großelternteils bzw. einer großelterlichen Linie vor. Sind auch keine Großeltern vorhanden, ist nach Art. 159 CC der nach Art. 398 ff. CC im Rahmen der Vormundschaft aus mindestens vier Verwandten oder nahestehenden Personen gebildete Familienrat (conseil de famille) zuständig. Bei Adoptivkindern gilt die Sonderregelung des Art. 365 CC. Die Zustimmung kann mündlich beim Standesamt anlässlich der Eheschließung erteilt oder schriftlich in notarieller oder durch den Standesbeamten beurkundeter Form abgegeben werden (Art. 73 CC). Personen, deren Zustimmung fehlt, können nach Art. 154, 155 CC auf Antrag eines Verlobten durch notarielle Erklärung zur Zustimmung aufgefordert werden.

 

Rz. 12

Erwachsene, die unter Vormundschaft (tutelle) oder Pflegschaft (curatelle) stehen, entscheiden, sofern sie zur freien Willensbildung in der Lage sind, selbst über ihre Heirat. Allerdings ist nach Art. 460 CC der Vormund bzw. Pfleger vorher zu informieren. Es obliegt dann dem Vormund bzw. Pfleger, nach Art. 175 CC ggf. der Heirat zu widersprechen oder vom Vormundschaftsgericht die Zustimmung zum Abschluss eines Ehevertrages zur Wahrung der finanziellen Interessen des Schützlings einzuholen.

 

Rz. 13

Das Fehlen einer erforderlichen Zustimmung führt zur relativen Nichtigkeit (nullité relative) der Ehe. Die Nichtigkeit kann gem. Art. 182 CC nur durch denjenigen, dessen Zustimmung fehlt, sowie den Ehegatten, der der Einwilligung bedurft hätte, angefochten werden. Dies gilt jedoch gem. Art. 183 S. 1 CC dann nicht, wenn die Betreffenden die Eheschließung stillschweigend oder ausdrücklich nachträglich gebilligt haben oder wenn sie nicht innerhalb von fünf Jahren seit Kenntnis von der Heirat reagiert haben oder wenn gem. Art. 183 S. 1 CC ein zum Zeitpunkt der Eheschließung minderjähriger Ehegatte nicht innerhalb von fünf Jahren nach Volljährigkeit reklamiert hat.

d) Verbot der Doppelehe, Wiederheirat

 

Rz. 14

Eine Ehe darf nach Art. 147 CC nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person – bereits oder noch – eine Ehe besteht (Verbot der Doppelehe). Um Bigamie zu vermeiden, wird jede Eheschließung auf der Geburtsurkunde vermerkt. Vor der Ehe ist dem Standesbeamten eine Geburtsurkunde vorzulegen, die nicht älter als drei Monate sein darf.

 

Rz. 15

Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelehe führt zur absoluten Nichtigkeit (nullité absolue), die von jedem geltend gemacht werden kann, der hieran ein Interesse hat, vgl. Art. 184 CC (siehe hierzu Rdn 10). Hierzu zählt in jedem Fall gem. Art. 188 CC ein (früherer) Ehegatte. Die früher in Art. 228 CC a.F. insbesondere wegen der Vaterschaftsvermutung geregelte Wartezeit, wonach die Ehefrau eine weitere Ehe erst nach einer Wartezeit von dreißig Tagen nach Auflösung der vorhergehenden Ehe schließen konnte, gilt seit 1.1.2005 nicht mehr. Kein Ehehindernis liegt vor, wenn ein Ehegatte bereits in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt (PACS). Ein PACS wird vielme...

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