a) Allgemeines

 

Rz. 75

Das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist in Art. 756 ff. C.C. geregelt. Erbberechtigt ist nach Art. 732 C.C. der nicht rechtskräftig geschiedene[72] Ehegatte. Mit Gesetz Nr. 2013–404 vom 17.5.2013, das am 18.5.2013 in Kraft getreten ist, wurde in Frankreich die (echte) gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt, gleichgeschlechtlichen Ehepaaren werden dabei alle Rechte eingeräumt, die das französisches Eherecht vorsieht. Die bloße Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens hat keine Auswirkung auf das Ehegattenerbrecht, ebenso wenig die Trennung von Tisch und Bett, vgl. Art. 301 C.C. Nicht erbberechtigt sind nichteheliche Lebensgefährten oder gleichgeschlechtliche Lebenspartner, auch wenn sie mit dem Verstorbenen in einer registrierten Partnerschaft (PACS) gelebt haben.[73]

[72] Seit 1.1.2005 ist in Frankreich ein reformiertes Scheidungsrecht in Kraft, das durch Gesetz Nr. 2004–439 vom 26.5.2004 eingeführt wurde. Das französische Recht kennt gem. Art. 229 C.C. seither vier Scheidungsgründe: die einvernehmliche Scheidung (divorce par consentement mutuel), die durch einen Ehegatten beantragte und vom anderen akzeptierte Scheidung (divorce accepté), die Scheidung wegen Scheiterns der Ehe (divorce pour altération définitive) sowie die Verschuldensscheidung (divorce pour faute). Ausführlich zur Scheidung nach französischem Recht Döbereiner, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, Länderbericht Frankreich, Rn 146 ff.; ders., ZEuP 2007, 521. Seit 1.1.2017 gibt es in Frankreich nach Art. 229–1 ff. C.C. auch die Möglichkeit einer einvernehmlichen außergerichtlichen Scheidung. Diese setzt voraus, dass beide Ehegatten anwaltlich vertreten sind und über ihre Anwälte eine privatschriftliche Scheidungsvereinbarung errichten, die nach Überprüfung durch einen Notar bei diesem registriert wird.
[73] Der überlebende Partner eines PACS hat lediglich nach Art. 515–6 Abs. 3, 763 Abs. 1 und 2 C.C. ein durch den Erblasser ausschließbares Wohnrecht an der gemeinsam genutzten Wohnung (vgl. hierzu Rdn 86) und, falls er Miterbe wird bei der Auseinandersetzung, ein Recht auf vorzugsweise Zuteilung bestimmter Gegenstände, wie z.B. Unternehmen; vgl. hierzu Art. 515–6 Abs. 1 C.C., 831 ff. C.C. und unten Rdn 172.

b) Höhe des Ehegattenerbrechts

 

Rz. 76

Der überlebende Ehegatte erhält gem. Art. 757–2 C.C. den gesamten Nachlass zu Eigentum, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge oder Eltern hinterlässt. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Erblasser Geschwister oder Geschwisterkinder hinterlässt. Allerdings bestimmt Art. 757–3 C.C., dass im Falle des Vorversterbens der Eltern gegebenenfalls von Vorfahren – nicht nur von den Eltern selbst – ererbtes oder geschenktes Vermögen, sofern es in Natur im Nachlass vorhanden ist, zur Hälfte auf die Geschwister und Geschwisterkinder übergeht, sofern diese zugleich Abkömmlinge der vorverstorbenen Eltern sind.

 

Rz. 77

Hinterlässt der Erblasser Vater und Mutter, so erbt der überlebende Ehegatte nach Art. 757–1 Abs. 1 C.C. die Hälfte des Nachlasses zum Eigentum. Ist nur ein Elternteil vorhanden, so erbt er nach Art. 757–1 Abs. 2 C.C. drei Viertel des Nachlasses zum Eigentum.

 

Rz. 78

Am schlechtesten ist die Stellung des überlebenden Ehegatten, wenn er mit Abkömmlingen des Erblassers zusammentrifft. Dann erhält er gem. Art. 757 C.C. nach seiner Wahl den Nießbrauch am gesamten Nachlass oder ein Viertel des Nachlasses zu Eigentum. Das Wahlrecht des Ehegatten besteht nicht, wenn Kinder aus verschiedenen Verbindungen des Erblassers vorhanden sind. In diesem Fall erhält der überlebende Ehegatte immer ein Viertel des Nachlasses zu Eigentum. Die anderen Erben können den Ehegatten schriftlich auffordern, innerhalb von drei Monaten eine Wahl zu treffen. Kommt Letzterer diesem Verlangen nicht nach, so wird nach Art. 758–3 S. 2 C.C. eine Wahl des Nießbrauchs angenommen. Das Gleiche gilt nach Art. 758–4 C.C., wenn der Ehegatte vor Ablauf der Frist stirbt. Eine bestimmte Form für die Ausübung des Wahlrechts ist nicht vorgesehen. Das Wahlrecht ist im Übrigen höchstpersönlich.

 

Rz. 79

Zur Feststellung des genauen wertmäßigen Umfanges des Nachlasses und der Beteiligung des Ehegatten ist zunächst eine reine Berechnungsmasse, die sog. masse de calcul, zu ermitteln. Diese umfasst gem. Art. 758–5 Abs. 1 C.C. den gesamten vorhandenen Nachlass des Erblassers zuzüglich Schenkungen und testamentarischer Zuwendungen an gesetzliche Erben, wenn der Erblasser eine Ausgleichungspflicht angeordnet hat. Auch vom Verstorbenen dem Ehegatten unter Lebenden oder von Todes wegen zugewendete Gegenstände sind der Berechnungsmasse zuzuschlagen. Auf die so festgestellte Berechnungsmasse ist die dem Ehegatten zustehende Quote anzuwenden. Das Ergebnis stellt das wertmäßige Maximum des Erbes dar. Eine weitere Obergrenze stellt die sog. masse d‘exercice dar, durch die der Umfang der Gegenstände, auf die sich die Erbschaft des Ehegatten tatsächlich maximal erstrecken kann, bestimmt wird. Diese Ausübungsmasse umfasst gem. Art. 758–5 Abs. 2 C.C. lediglich die beim Tod vorhanden...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge