Schuldnervermögen angemessen verwerten

Hat der Gerichtsvollzieher eine im Gewahrsam des Schuldners befindliche Sache gepfändet, so muss er diese verwerten und den Erlös an den Gläubiger auskehren. Leider geschieht dies viel zu selten, was seine Ursache auch darin hat, dass in einer Versteigerung nach § 814 ZPO im örtlichen Amtsgericht nur geringe Erlöse erzielt werden. Nicht zuletzt deshalb sehen Gerichtsvollzieher schon nach § 803 Abs. 2 ZPO von der Pfändung einer Sache ab. Danach hat die Pfändung zu unterbleiben, wenn sich von der Verwertung der zu pfändenden Gegenstände ein Überschuss über die Kosten der Zwangsvollstreckung nicht erwarten lässt. Dadurch, dass der Gläubiger eine anderweitige Verwertung erstrebt, kann sich hier aber ein anderes Bild ergeben, das die Pfändung einer Sache überhaupt erst ermöglicht. Der nachfolgende Beitrag erläutert die Einzelheiten.

Möglichkeiten der anderweitigen Verwertung

§ 825 ZPO bietet dem Gläubiger die Möglichkeit, die Chancen auf eine vollständige Befriedigung durch eine andere Art der Verwertung als die Versteigerung nach § 814 ZPO zu erhöhen. Auch die Internet-Versteigerung nach § 814 Abs. 2 Nr. 2 ZPO eröffnet keinen mit den Nutzern von ebay oder anderen Plattformen vergleichbaren Nutzerkreis. Die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle hat dabei § 825 ZPO den Anforderungen der Praxis angepasst und die Zuständigkeit im Wesentlichen in die Hand des Gerichtsvollziehers gelegt. Hierdurch ist das Verfahren schneller und effektiver geworden.

 

Checkliste: Vier Möglichkeiten der anderweitigen Verwertung

§ 825 ZPO gibt unterschiedliche Möglichkeiten der anderweitigen Verwertung für den Gerichtsvollzieher vor:

Er kann sie frei verwerten.
Er kann sie dem Gläubiger zu Eigentum übertragen.
Der Gerichtsvollzieher kann die Sache an einem anderen Ort verwerten.
Das Versteigerungsgericht kann die Versteigerung durch eine andere Person als den Gerichtsvollzieher anordnen.

Attraktiv: Freie Verwertung

Hat die öffentliche Versteigerung zu keinem Ergebnis geführt oder ist zu erwarten, dass dies eintritt, so kann der gepfändete Gegenstand auch freihändig veräußert werden. Nicht erforderlich ist also, dass tatsächlich eine erfolglose Versteigerung stattgefunden hat (Schuschke/Walker, § 825 Rn 5; MüKo/ZPO-Schilken, § 825 Rn 3; Zöller-Stöber, § 825 Rn 2; a.A. LG Berlin Rpfleger 1973, 34).

 

Hinweis

Zur freihändigen Verwertung kann insbesondere auch die Veräußerung über eine der bekannten Internetauktionen, etwa ebay gehören (Schwabl, NJW 2005, 941, 942). Der Gläubiger muss dann beantragen, dass entweder der Gerichtsvollzieher, der Gläubiger selbst oder ein sonstiger Dritter den dortigen Verkauf über die Internetauktion durchführt.

Die Chance: Übernahme durch den Gläubiger

Der Gerichtsvollzieher kann die gepfändete Sache aber auch unter Anrechnung eines bestimmten Betrages auf die Vollstreckungsforderung dem Gläubiger zu Eigentum übertragen. Darin kann eine besondere Chance für den Gläubiger liegen, wenn er anschließend, ggf. zu einem günstigeren Zeitpunkt oder an einem günstigeren Ort, den Gegenstand frei verwertet. So kann die Zwangsvollstreckung auch zu einem Zeitpunkt stattfinden, in dem eine Verwertung im freien Markt wegen eines Überangebotes schwer ist.

 

Hinweis

Auch wenn der Gläubiger dem Schuldner die gepfändete Sache unter Eigentumsvorbehalt veräußert hat, ist diese Art der Verwertung möglich, da der Gläubiger so auf jeden Fall originäres, unbelastetes Eigentum erwirbt.

Die Alternative: Verwertung an einem anderen Ort

Gläubiger und Schuldner können auch die Verwertung an einem anderen Ort beantragen, wenn sie sich hier einen besseren Verwertungserlös versprechen. Dies kann sowohl in einer größeren Stadt sein, weil hier eine größere Zahl von Bietinteressenten zu erwarten ist, als auch an einem Ort, an dem die Vollstreckungskosten, etwa bei der Notwendigkeit der Anmietung eines Saales, niedriger gehalten werden können.

Besonderheit: Internetdomain

Eine andere Form der Verwertung stellt es auch dar, wenn eine gepfändete Internet-Domain im Internet versteigert oder sonst veräußert wird (LG Mönchengladbach MDR 2005, 118 = JurBüro 2005, 47 = Rpfleger 2005, 38).

Das Verfahren

Erforderlich ist in allen Fällen ein Antrag eines oder mehrerer Gläubiger oder des Schuldners an den Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher hat die jeweils andere Vollstreckungspartei anzuhören. Ohne Zustimmung des Antragsgegners darf er die Sache dann nach § 825 Abs. 1 S. 3 ZPO nicht vor Ablauf von zwei Wochen nach der Unterrichtung verwerten.

 

Hinweis

Die Wartefrist gibt dem Antragsgegner die Möglichkeit, gegen die beabsichtigte Verwertung im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO vorzugehen und die Voraussetzungen der anderweitigen Verwertung zu bestreiten. Er muss in diesem Fall schon mit der Erinnerung einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach §§ 766 Abs. 1 S. 2, 732 Abs. 2 ZPO stellen und dabei das Vollstreckungsgericht wegen der Dringlichkeit auf die ablaufende Frist hinweisen.

 

Checkliste: Voraussetzu...

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