Titulierte Forderungen sind verkehrsfähig

Titulierte Forderungen verjähren – vorbehaltlich der regelmäßig wiederkehrenden Leistungen wie Zinsen nach § 197 Abs. 2 BGB – in 30 Jahren. Diese Frist kann durch Hemmungs- und Unterbrechungstatbestände, insbesondere die Vollstreckung nach § 212 Abs. 1 BGB (erheblich) verlängert werden. Das verlangt dem Gläubiger viel Geduld und auch eine hinreichende eigene Liquidität ab. Fehlt es an einem von beiden, kommt der Forderungsverkauf ins Spiel. Der Titelgläubiger verkauft die Forderung gegen einen mehr oder minder erheblichen Abschlag auf den Nennwert der Forderung, der insbesondere das weitere Beitreibungsrisiko, die Finanzierungskosten des Käufers und die Ertragschance des Käufers berücksichtigt, an einen Dritten. Als Käufer kommen unterschiedliche Personen in Betracht:

Es gibt professionelle Forderungsaufkäufer, die in notleidende Forderungen "investieren".
Sehr viele Inkassounternehmen kaufen Forderungen ihrer Mandanten, wenn diese den Forderungsverkauf als Finanzierungsmittel einsetzen wollen.

Das Problem folgt aus § 750 ZPO, die Lösung aus § 727 ZPO

Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind. Genau diese Voraussetzung ist allerdings bei dem Verkauf einer titulierten Forderung nicht gegeben. Der Verkäufer und nicht der Käufer wird im Titel genannt. Der Vollstreckungstitel muss dann nach § 727 ZPO umgeschrieben werden. Die Vorschrift ist in die ZPO gekommen, als titulierte Forderungen nur vereinzelt umgeschrieben werden mussten, etwa weil der Schuldner oder der Gläubiger verstorben sind. Auf den modernen Forderungskauf ist sie nicht ausgerichtet.

 

Hinweis

Eine vollstreckbare Ausfertigung kann nach §§ 727, 704, 794, 795 ZPO für den Rechtsnachfolger des in dem Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubigers erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Die Vorschrift wird durch § 730 ZPO ergänzt, nach dem der Schuldner angehört werden kann und dann die Möglichkeit hat, die Rechtsnachfolge ausdrücklich (BGH MDR 2006, 52) einzuräumen.

Urkunden müssen zugestellt werden

Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach den § 727 ZPO umgeschrieben wurde, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel aufgrund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden. Da die Umschreibung in der Regel aufgrund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erfolgt, liegt hierin nicht nur ein erheblicher Aufwand, sondern auch ein Kostenträger.

BGH musste sich aktuell mit der Konstellation befassen

Vor diesem Hintergrund ist eine aktuelle Entscheidung des BGH vom 22.5.2019 (VII ZB 87/17) von Interesse, die das denkbare Vorgehen des Gläubigers erleichtert. Im Fall des BGH hatte die Titelgläubigerin 2009 einen Vollstreckungsbescheid über 10.289,25 EUR erwirkt. Die Titelgläubigerin hat dann umfirmiert und die Forderung im Jahre 2015 an die H-GmbH abgetreten. Diese sei dann mit der H-Kredit AB (publ), einer Gesellschaft schwedischen Rechts, und diese dann – während des Verfahrens – mit der H-Finance AB (publ) verschmolzen worden. 2017 wird nun die Umschreibung des Titels auf die H-Kredit AB (publ), nach Verschmelzung dann auf die H-Finance AB (publ) beantragt. Nachdem die Klausel zunächst erteilt wurde, hat das AG – Zentrales Mahngericht – die Klauselumschreibung auf Erinnerung der Schuldnerin abgelehnt und die Vollstreckung aus der schon erteilten Klausel für unzulässig erklärt.

Streit um den Wert einer Abtretungsbestätigung

Das LG hat die Voraussetzungen des § 727 Abs. 1 ZPO als nicht erfüllt angesehen. Die Vorlage der vom Notar erstellten beglaubigten Abschrift der "Abtretungsbestätigung" nebst einer notariellen "Bestätigung" sowie einer Aufstellung über die nach Angaben der seinerzeitigen Antragstellerin abgetretenen Forderungen genüge hierfür nicht. Eine "Abtretungsbescheinigung", in der die Beteiligten erklärten, dass im Vorfeld eine Abtretung zwischen ihnen stattgefunden habe, und bei der die Unterschriften notariell beglaubigt seien, weise die Rechtsnachfolge nicht in Form einer öffentlichen Urkunde gemäß § 415 ZPO nach. Die "Abtretungsbescheinigung" lasse sich bereits aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts auch nicht als erneute Abtretung verstehen, so dass die Frage, ob es sich insoweit um eine öffentlich beglaubigte Urkunde handele, dahinstehen könne.

Rechtsmittelweg führt zum BGH

Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat der Richter beim AG als unbegründet zurückgewiesen. Auch die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde blieb erfolglos, w...

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