I. Das Problem

Umfängliche Bevollmächtigung zur Forderungsbeitreibung

Der Gläubiger hat mich beauftragt, wegen einer offenstehenden Forderung alle erforderlichen Beitreibungsmaßnahmen einzuleiten, und mich ermächtigt, alle damit in Zusammenhang stehenden Absprachen und Vereinbarungen zu treffen. Weiterhin wurde Geldempfangsvollmacht erteilt. Die Vollmachten liegen im Original vor.

Gütliche Einigung mit dem Schuldner

Nachdem ein vollständiger Zahlungsausgleich beim Schuldner nicht erzielt werden konnte, habe ich als registriertes Inkassounternehmen mit dem Schuldner einen Ratenzahlungsvergleich schließen können, in dem der Schuldner neben dem Anerkenntnis der Forderung auch sein gegenwärtiges und künftiges Guthaben sowie die abgerufenen Kreditmittel bei Kreditinstituten dem Gläubiger abgetreten hat. Die Abtretungsurkunde ist einerseits vom Schuldner, andererseits von mir als Vertreter des Gläubigers unterzeichnet. Außerdem hat der Schuldner das Kreditinstitut gegenüber dem Gläubiger von den gesetzlichen und vertraglichen Schweigepflichten zur Durchsetzung der Forderung entbunden. So verfahre ich in vielen Fällen.

Formelle Einwände gegen die Inkassotätigkeit und die Zession

Nachdem der Schuldner seiner Verpflichtung aus der Ratenzahlungsvereinbarung nicht mehr nachgekommen ist, wurde die Abtretung gegenüber dem betroffenen Kreditinstitut offen gelegt. Dies ist auch schon in der Vergangenheit des Öfteren vorgekommen, ohne dass es zu Schwierigkeiten hinsichtlich der Akzeptanz der Abtretung gekommen ist. Nur dieses eine Kreditinstitut wendet ein,

es könne nicht beurteilen, ob ich zum Inkasso berechtigt bin;
es könne nicht beurteilen, ob die Vollmacht (wohl des Gläubigers) noch bestehe und der Gläubiger diese unterschrieben habe;
ich sei nur zum Forderungseinzug berechtigt, so dass bezweifelt werde, ob dies auch die Berechtigung zum Abschluss einer Sicherungszession umfasse;
es müsse die Abtretungsurkunde im Original vorgelegt werden, damit diese von ihr als Drittschuldnerin zu berücksichtigen sei.

Sind die Einwendungen begründet, insbesondere was die Berechtigung zur Vereinbarung einer Sicherungszession betrifft?

II. Die Lösung

Drittschuldner offenbar ohne Kenntnisse im Rechtsdienstleistungsrecht

Der Drittschuldner offenbart, über keine Kenntnisse im Rechtsdienstleistungsrecht zu verfügen. Nach § 10 Abs. 1 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) darf ein registriertes Inkassounternehmen Inkassodienstleistungen erbringen, die nach § 2 Abs. 2 RDG als spezielle Form der Rechtsdienstleistung legal definiert sind. Eine zulässige Rechtsdienstleistung liegt danach mit der Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen vor, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Ob ein Inkassounternehmen registriert ist und damit über die entsprechende Erlaubnis verfügt, ist unter www.rechtsdienstleistungsregister.de amtlich und öffentlich bekannt gemacht. Das Register kann von jedermann, damit auch von dem betroffenen Kreditinstitut, eingesehen werden.

 

Hinweis

Das Kreditinstitut sollte ggf. ausdrücklich auf das Aktenzeichen der Eintragung und das eintragende Gericht hingewiesen werden, wie es auf dem Briefboden des Inkassounternehmens verzeichnet ist.

Form und Vorlage der Vollmacht

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Erteilung einer Vollmacht nach § 167 Abs. 2 ZPO keiner Form bedarf. Soweit nach dem mitgeteilten Sachverhalt die Vollmacht allerdings in schriftlicher Form vorliegt, kann diese der Drittschuldnerin übermittelt werden. Die Frage der Form kann dann dahinstehen.

Rechtliche Folgen

Die Vorlage der Vollmacht hat klare rechtliche Folgen:

1. Wenn der Vertretene (der Gläubiger) – wie hier – dem Vertreter (dem Inkassounternehmen) eine Vollmachtsurkunde ausgestellt hat und der Vertreter diese dem Dritten vorlegt, so steht dies nach § 172 Abs. 1 BGB der besonderen Mitteilung einer Bevollmächtigung an den Dritten nach § 167 Abs. 1 BGB gleich.

In diesen Fällen bestimmen §§ 170, 171 BGB, dass die Vollmacht gegenüber dem Dritten in Kraft bleibt, bis sie ihm gegenüber (!) von dem Vollmachtgeber widerrufen wurde.

Die Urkunde muss "vorgelegt" werden, so dass die Vorlage einer Fotokopie nicht genügt, sehr wohl aber eine beglaubigte Abschrift, wenn nicht ein Original übersandt werden kann (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 75. Aufl. 2016, § 172 Rn 3 m.w.N. aus der Rechtsprechung). Sie ist nach dem Anerkenntnis der Abtretung zurückzugeben, weil eben nur eine Vorlagepflicht besteht, die nicht auch das Recht umfasst, die Vollmachtsurkunde behalten zu dürfen.

 

Hinweis

In der Praxis hat sich aber schon aus Gründen der Praktikabilität eingebürgert, dass eine Kopie vorgelegt wird und ein Original nur verlangt wird, wenn begründete Zweifel an der Existenz der Vollmacht bestehen. Solche begründeten Zweifel können dem Schreiben des Kreditinstitutes nicht entnommen werden. Hierum sollte aber kein Streit geführt, sondern schlicht das Original oder eine Ausfertigung übersandt werden.

2. Wurde in dieser Weise die Vollm...

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