Leitsatz

1. Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit unterliegen in den Grenzen des § 3b EStG als Erschwerniszulagen nicht der Zwangsvollstreckung.

2. Keine Erschwerniszulagen sind Zuschläge für Samstagsarbeit.

BGH, Beschl. v. 20.9.2018 – IX ZB 41/16

1 I. Der Fall

Der Bademeister arbeitet gegen Zuschläge auch am Wochenende

Der Schuldner arbeitet bei einer Gemeinde als Bademeister in einem Freibad. Er arbeitet während der Badesaison regelmäßig auch an Wochenenden und Feiertagen und erhält Zuschläge zu seinem Lohn für die Arbeit an Samstagen ab 13 Uhr, an Sonntagen und an Feiertagen. Der Insolvenzverwalter begehrt deren Abführung.

Streit um die Pfändbarkeit der Zuschläge

In dem am 12.6.2015 über sein Vermögen eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren hat der Schuldner beantragt anzuordnen, dass die von ihm erzielten Sonntags-, Feiertags- und Wochenendzuschläge unpfändbar sind. Das Insolvenzgericht hat den Antrag abgelehnt. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners hat das Landgericht die beantragte Anordnung getroffen. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Insolvenzverwalter die Wiederherstellung der Entscheidung des Insolvenzgerichts.

2 II. Die Entscheidung

Zulässige und teilweise begründete Beschwerde

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht im vollstreckungsrechtlichen Rechtszug nach § 567 Abs. 1, § 793 ZPO, § 36 Abs. 4 Satz 1 InsO die Rechtsbeschwerde zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie insoweit Erfolg, als die Unpfändbarkeit der Zuschläge für Samstagsarbeit angeordnet wurde. Mit Recht hat das Beschwerdegericht hingegen die Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit für unpfändbar erklärt.

Sonn- und Feiertagszuschläge sind geschützt

Das Beschwerdegericht hat gemeint, bei Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Wochenendarbeit handle es sich um Erschwerniszulagen, die nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar seien. Die in der früheren arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung und in Teilen der Literatur vertretene Ansicht, dass Zuschläge für Nacht- oder Sonn- und Feiertagsarbeit nicht unter § 850a Nr. 3 ZPO fielen, weil sie nur dem Ausgleich einer ungünstigen oder unbequemen Lage der Arbeit dienten und nicht der Abgeltung einer durch die Art der Arbeit verursachten Erschwernis, werde den heutigen Erkenntnissen im Bereich des Arbeitsschutzes nicht gerecht. Arbeit außerhalb der regulären Arbeitszeiten führe zu einer Mehrbelastung, die über bloße Unbequemlichkeiten hinausgehe, und zu Nachteilen für die Beziehungen des Arbeitnehmers zu seinem sozialen Umfeld. Mit der neueren Rechtsprechung mehrerer Vollstreckungs-, Insolvenz- und Verwaltungsgerichte seien Zulagen für ungünstige Arbeitszeiten daher als Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a ZPO unpfändbar.

Anders sieht es am Samstag aus

Diese rechtliche Beurteilung des Beschwerdegerichts trifft hinsichtlich der Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit zu, nicht aber für die vom Schuldner erzielten Zuschläge für die Arbeit an Samstagen.

Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse. Unpfändbar sind nach der entsprechend geltenden (§ 36 Abs. 1 Satz 2 InsO) Bestimmung des § 850a Nr. 3 ZPO Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.

Maßstab ist die Steuerfreiheit

Der BGH hat – zeitlich nach dem angefochtenen Beschluss – entschieden, dass Nachtarbeitszuschläge insoweit gemäß § 850a Nr. 3 ZPO als Erschwerniszulagen unpfändbar sind, als sie dem Schuldner steuerfrei im Sinne des § 3b EStG gewährt werden (BGHZ 211, 46 Rn 10 ff. = FoVo 2016, 212). Er hat dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass die Leistung von Arbeit zur Nachtzeit eine generell mit gesundheitlichen Risiken für den Schuldner verbundene Erschwernis seiner Arbeit darstelle, die es rechtfertige, zur Abgeltung dieser Erschwernis gezahlte Nachtarbeitszuschläge als nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbare Erschwerniszulagen zu qualifizieren, soweit diese den Rahmen des Üblichen nicht überstiegen. Als Anhaltspunkt für den üblichen Rahmen könne § 3b EStG herangezogen werden, wonach Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, in bestimmtem Umfang steuerfrei seien.

Ausgangslage: Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit ist Erschwernis

Das BAG hat mit Urt. v. 23.8.2017 (NJW 2017, 3675 Rn 21 ff.) entschieden, dass neben Zulagen für Nachtarbeit auch Zulagen für Sonntags- und Feiertagsarbeit Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar sind. Zulagen für Schicht- und Samstagsarbeit seien dagegen der Pfändung nicht entzogen. Diese Beurteilung entspreche Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Zwangsvollstreckungsregeln verfolgten einerseits das Ziel, dem Gläubiger ...

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