Titulierter Gläubiger geht vor

Der Gläubiger hat genau richtig reagiert und sich von der Behauptung einer Fehlbuchung nicht beeindrucken lassen. Diese bleibt für die Rangfolge der Gläubiger nämlich unerheblich. Hat der Dritte fälschlich einen Betrag auf das Konto des Schuldners überwiesen, so hat er (lediglich) einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB gegen den Schuldner und keinen Auszahlungsanspruch gegen das Kreditinstitut. Dieser untitulierte Anspruch geht grundsätzlich dem titulierten und durch das Pfändungspfandrecht gesicherten Anspruch des Vollstreckungsgläubigers nach. Der Grund für diese Situation ist im Verhältnis zum Gläubiger ohne Belang.

Kein Schutz nach § 850k Abs. 1 und Abs. 2 und 5 ZPO

Der Schuldner hat auf seinem P-Konto einen Grundfreibetrag nach § 850c Abs. 1 S. 1 von derzeit 1.073,88 EUR. Dieser Freibetrag kann für die erste unterhaltsberechtigte Person um 404,16 EUR und für die 2. bis 5. unterhaltsberechtigte Person um jeweils weitere 225,17 EUR erhöht werden. Das kam im konkreten Fall mangels unterhaltsberechtigter Personen nicht in Betracht. Weil der Schuldner seinen Pfändungsfreibetrag von 1.073,88 EUR mit seiner Rente von 441 EUR nicht ausschöpfte, bleibt ein Teil der Fehlbuchung allerdings pfändungsgeschützt. Pfändbar sind nur 2.367,12 EUR (441 EUR + 3.000 EUR – 1.073,88 EUR).

§ 850k Abs. 4 ZPO führt nicht weiter

Auch einer der Schutzanträge nach § 850k Abs. 4 ZPO, der auf die Schutzanträge bei der Pfändung von Arbeitseinkommen Bezug nimmt, brachte den Schuldner vorliegend nicht weiter. Geht etwa Arbeitseinkommen auf dem P-Konto ein, kann der Schuldner so die zusätzlichen Pfändungsfreibeträge nach § 850c Abs. 2 ZPO zur Geltung bringen. Weder dieser Fall noch ein zusätzlicher persönlicher oder beruflicher Bedarf (§ 850f Abs. 1 ZPO) lagen hier vor, so dass auch über diesen Weg eine Anhebung des Pfändungsfreibetrages zu Recht abgelehnt wurde.

 

Achtung!

Nicht jedes Vollstreckungsgericht arbeitet nach den Erfahrungen der Praxis so nah an den gesetzlichen Vorschriften. Zur Vermeidung des weiteren Rechtsmittelweges empfiehlt es sich für den Gläubiger deshalb schon im Antragsverfahren, auf die in Betracht kommenden Normen hinzuweisen und das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen zu bestreiten bzw. zu widerlegen.

Keine besondere Härte für den Schuldner

Ungeachtet der Frage, ob die Fehlüberweisung für den überweisenden Dritten eine besondere Härte darstellt, fehlt es jedenfalls an einer besonderen Härte der Zwangsvollstreckung für den (begünstigten) Schuldner, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Ein Schutz nach § 765a ZPO schied deshalb schon im Ansatz aus.

 

Achtung!

Auch hier gilt, dass der Gläubiger bei Drittbeteiligung darauf hinweist, dass § 765a ZPO nur den Schuldner, nicht aber einen Dritten schützt. Allzu schnell überwiegt das Urteil eines "unbilligen Ergebnisses". Das entspricht aber nicht der Rechtslage und der gesetzlichen Risikoverteilung für Fehlüberweisungen. Der Gläubiger ist für die Situation regelmäßig nicht verantwortlich.

FoVo 12/2015, S. 235 - 236

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