Leitsatz

Die Erteilung und der Umfang einer Vollmacht zur Erklärung der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde sind allein im Klauselerteilungsverfahren und nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen.

BGH, 16.5.2012 – I ZB 65/11

1 I. Der Fall

Notariatsangestellte erklärt Vollstreckungsunterwerfung

Die Gläubigerin betreibt gegen die Schuldner die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung einer notariellen Urkunde über die Bestellung einer Grundschuld. Der GV hat Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmt. Die beiden SU haben der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung widersprochen, da ein wirksamer Vollstreckungstitel vorliege, weil die Notariatsangestellte, die sie bei der Bestellung der Grundschuld vertreten habe, nicht bevollmächtigt gewesen sei, die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen zu erklären. AG und LG haben den Widerspruch zurückgewiesen.

2 II. Die Entscheidung

Wichtig: Was ist wo zu prüfen?

Die Erteilung und der Umfang einer Vollmacht zur Erklärung der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde sind allein im Klauselerteilungsverfahren und nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen.

Anders als wichtiger Kommentar von Zöller/Stöber

Im Schrifttum wird allerdings die Ansicht vertreten, das Vollstreckungsgericht habe die Erteilung und den Umfang der Vollmacht zu prüfen, wenn ein Vertreter in einer notariellen Urkunde die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung erklärt habe. Die Vollstreckungsklausel weise die Wirksamkeit und damit die Vollstreckbarkeit der notariellen Urkunde für das Vollstreckungsorgan nicht aus. Die irrige Erteilung der Vollstreckungsklausel mache eine nicht nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vollstreckbare Urkunde nicht zu einer vollstreckbaren (Zöller/Stöber, ZPO, 29. Aufl., § 794 Rn 38).

BGH: Vorrang des ­Klauselverfahrens

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Frage, ob die Unterwerfungserklärung ordnungsgemäß abgegeben worden ist, jedoch allein im Verfahren der Klauselerteilung nach § 732 ZPO zu klären (BGH FoVo 2010, 150 = NJW 2010, 2041). Dazu gehört auch die Frage der Wirksamkeit und der Reichweite der von einem Vertreter in einer notariellen Urkunde abgegebenen Unterwerfungserklärung. Im Klauselerteilungsverfahren zu einer Vollstreckungsunterwerfung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO durch einen Vertreter ist in entsprechender Anwendung von § 726 ZPO nicht nur die formell ordnungsgemäße Abgabe der Unterwerfungserklärung durch den Vertreter, sondern auch dessen Vollmacht zu prüfen. Der Bestand der Vollmacht ist zwar keine Tatsache, von der die Vollstreckung aus der Unterwerfungserklärung nach ihrem Inhalt abhängt. Sie ist aber Grundlage für das Entstehen der Unterwerfungserklärung als Vollstreckungstitel. Denn die Unterwerfungserklärung setzt eine für den Vertretenen wirksame Erklärung und diese wiederum eine wirksame Vollmacht voraus. Für solche Voraussetzungen des Titels kann nichts anderes gelten als für die Bedingungen, unter denen er vollstreckt werden kann (BGH NJW 2008, 2266).

Nicht der Gläubiger, sondern der SU muss handeln

Wird die Vollstreckung aus einem nicht vollstreckbaren Titel betrieben, weil irrig eine Vollstreckungsklausel erteilt worden ist, steht dem Schuldner dagegen der Rechtsbehelf aus § 732 ZPO zu. Dieser führt dazu, dass die erteilte Vollstreckungsklausel aufgehoben wird. Die Organe im Zwangsvollstreckungsverfahren sind dagegen grundsätzlich nicht befugt nachzuprüfen, ob der Schuldner bei Abgabe der Unterwerfungserklärung wirksam vertreten war. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn der Mangel der Vollmacht offenkundig ist, kann offen bleiben. Im vorliegenden Fall ist nicht offenkundig, dass die Schuldner bei der Erklärung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung nicht wirksam vertreten worden sind.

3 III. Der Praxistipp

Die Rechtsverteidigung des Gläubigers

Erhebt der SU die Klauselerinnerung nach § 732 ZPO, kann der Gläubiger einerseits einwenden, dass der Vertreter ursprünglich ordnungsgemäß bevollmächtigt war. Im Rahmen von Grundstücksgeschäften ist die Bevollmächtigung für die Vollstreckungsunterwerfung bei der Einräumung von Grundpfandrechten dabei meist im Kausalgeschäft, d.h. dem Kaufvertrag über den Grundbesitz zu finden. Allerdings ist darauf zu achten, dass die Vollmacht nicht nur für die Einräumung des Grundpfandrechtes und die Vollstreckungsunterwerfung in den Grundbesitz erteilt sein darf, sondern auch die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das übrige Vermögen umfasst.

Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung

Ist die Vollmachtseinräumung im Kausalgeschäft nicht ausreichend, muss bei der Prüfung erwogen werden, dass der SU die Erklärung später genehmigt haben kann (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 797 Rn 16). Allein die Möglichkeit reicht aus, dass dem Vollstreckungsorgan der Mangel der Vollmacht nicht offenkundig sein kann, da solche Sachverhalte für es nicht prüfbar sind.

BGH: Rechtsnachfolge oder Namensänderung

Der BGH hatte noch e...

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