I. Das Problem

Doppelter Vorteil: Der Schuldner wird aufgesucht

Unsere praktische Erfahrung zeigt, dass Schuldner oft unbeholfen sind, wenn es um den Ausgleich unstreitiger offener Forderungen geht. Sie fühlen sich nicht in der Lage, auf schriftliche Mahnungen sachgerecht zu regieren, und können auch fernmündliche Absprachen nur schwer umsetzen. Um dem zu begegnen, suchen wir Schuldner mit dem Außendienst auch persönlich auf. Das führt zu besseren Erfolgen als die Titulierung und nachfolgende Vollstreckung. Auch wenn die Forderung tituliert ist, reagiert der Schuldner auf eine seine Belange wie auch die Sicherungsinteressen des Gläubigers berücksichtigende Ansprache im Außendienst meist positiver. Es mag dahin stehen, ob und wie der Gerichtsvollzieher den Schuldner in gleicher Weise anspricht. Den Gerichtsvollzieherprotokollen lässt sich hier weniger entnehmen als den Außendienstberichten. Den Außendienst setzen wir auch ein, wenn der Schuldner unbekannten Aufenthaltes ist und die gängigen Auskunftssysteme (EMA, Auskunfteien) nicht zu einer neuen Anschrift führen. Im Umfeld lässt sich beispielsweise bei Nachbarn, Hausmeistern oder Vermietern mit einer hohen Erfolgsquote der neue Aufenthaltsort in Erfahrung bringen. Dafür muss nicht darüber gesprochen werden, dass der Schuldner offene Forderungen hat.

… und die Kosten?

In unserem unmittelbaren Umfeld gewährleisten wir dies durch eigene fest angestellte Außendienstmitarbeiter, ansonsten setzen wir ein Netzwerk von externen Außendienstunternehmen ein. Es stellt sich nun die Frage, ob und in welcher Höhe die Kosten, die der Gläubiger für den Außendienst trägt, vom Schuldner zu erstatten sind.

II. Die Lösung

Dem Grunde nach: Verzug oder …

Zunächst gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Schuldner die Rechtsverfolgungskosten zu tragen hat. Dabei kommen unterschiedliche Anspruchsgrundlagen in Betracht. In der Regel werden die Kosten als Verzugsschaden nach §§ 280, 286 BGB erstattungsfähig sein, im Übrigen kommen aber auch die §§ 823, 826 BGB oder auch eine vertragliche Vereinbarung als Anspruchsgrundlage in Betracht.

Der Höhe nach: RVG

Der Höhe nach richtet sich die Kostenerstattung mittelbar nach dem RVG. Für Inkassounternehmen ergibt sich dies seit dem 9.10.2013 aus § 4 Abs. 5 RDGEG, für Rechtsanwälte aus deren Vergütung nach dem RVG. Voraussetzung jeder Erstattung ist allerdings, dass der Gläubiger auch entsprechende Kosten für den Außendienst zu tragen hat.

Intern und extern ist zu unterscheiden

Für die Frage nach der Kostenerstattung ist zu unterscheiden, ob der Außendienst durch eigene Mitarbeiter verrichtet wird, d.h. als interner Dienst organisiert wird, oder als externer Dienst. Im ersten Fall ist er Teil der internen Ausführung des Auftrages, so dass die Vergütung im Rahmen der Geschäftsgebühr zu berücksichtigen ist. Im zweiten Fall fällt eine externe Ausgabe an, die als Aufwendung im Sinne der Vorbemerkung 7 Abs. 1 VVRVG erstattungsfähig ist.

Die Kosten bei der internen Bearbeitung

Die Geschäftsgebühr als Rahmengebühr bemisst sich nach dem Umfang der Angelegenheit. Im Rahmen von einer 0,5- bis 2,5-Geschäftsgebühr ist die Mittelgebühr für einen durchschnittlichen Fall mit einer 1,5-Gebühr zu bestimmen. Allerdings sieht die Anmerkung zu Nr. 2300 VVRVG vor, dass eine 1,3-Gebühr nur überschritten werden darf, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig ist. Maßstab ist dabei der durchschnittliche Fall. Gemessen daran gehört es sicher nicht zum Standard, den Schuldner persönlich aufzusuchen. Vor diesem Hintergrund ist diese Form der Bearbeitung umfangreich, die Überschreitung der 1,3-Schwellengebühr damit gerechtfertigt. Eröffnet ist damit der Rahmen einer 1,3- bis zu einer 2,5-Geschäftsgebühr. Innerhalb dieser Spanne ist die Gebühr im Übrigen anhand der Kriterien des § 14 RVG zu bestimmen.

Auch der Schuldner profitiert

Dabei kann nach der hier vertretenen Auffassung berücksichtigt werden, dass ggf. ein ab­straktes Schuldanerkenntnis (§§ 780, 781 BGB) mit verjährungsverlängernder Vereinbarung (§ 202 BGB) erzielt werden kann, was die Kosten einer Titulierung zur Forderungssicherung und mithin auch die damit verbundenen Kosten erspart. Mit Sicherungsabtretungen hinsichtlich des Arbeitslohns und der Guthaben aus Kontokorrentverbindungen zu Kreditinstituten werden die hohen Kosten von Pfändungen und die damit einhergehende Stigmatisierung des Schuldners vermieden. Mit der Verpflichtung zur Selbstauskunft und der Einräumung von Informationsrechten gegenüber Dritten (Schweigepflichtentbindungserklärung) werden die Kosten der Abgabe der Vermögensauskunft (§ 802c und d ZPO) oder der Vermögensauskunft Dritter (§ 802l ZPO) eingespart und können zur Tilgung der eigentlichen Schuld dienen. Auch erspart der Schuldner sich so die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis (§§ 882b und c ZPO). Der Einsatz des Außendienstes liegt im Ergebnis also durchaus im (Kosten-)Interesse des Schuldners.

Externe Bearbeitung führt zur Auslage

Verfügt der Gläubiger oder sein Rechtsdienstleister nicht über einen eigenen Außendienst, ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge