Die Nutzungspflicht nach der ZVFV 2022

Mit der ZVFV 2022 wurden in deren § 1 verschiedene Formulare eingeführt, darunter der Gerichtsvollzieherauftrag nach Anlage 1 ZVFV und der Antrag auf Erlass eines Pfändungs- oder Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nebst dem entsprechenden Beschlussentwurf in den Anlagen 4 und 5 ZVFV. Zugleich bestimmt § 2 ZVFV, dass diese Formulare – vorbehaltlich der Übergangsregelung – zwingend zu verwenden sind, wenn wegen einer Geldforderung vollstreckt wird.

Neben den Antrags- und Beschlussformularen wurden in den Anlagen 6 bis 8 ZVFV korrespondierende Forderungsaufstellungen eingeführt, die ebenso der Nutzungspflicht unterliegen.

Die Anlage 6 ist nach § 2 Abs. 2 ZVFV zwingend dem Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher beizufügen.
In Abhängigkeit davon, ob eine gewöhnliche Geldforderung (Anlage 7) oder eine Unterhaltsforderung (Anlage 8) Gegenstand des Vollstreckungsantrags ist, ist nach § 2 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 ZVFV dem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- oder Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nebst dem entsprechenden Beschlussentwurf die Anlage 7 oder 8 als Forderungsaufstellung beizufügen.

Abweichungen von der Nutzungspflicht sind in § 3 ZVFV geregelt

Die Frage, ob die zwingend zu benutzenden Formulare verändert und damit auch um weitere Anlagen ergänzt werden dürfen, beantwortet sich dann aus § 3 der ZVFV. Danach sind Abweichungen von den Formularen nur unter den in Absatz 2 und Absatz 3 genannten Voraussetzungen zulässig. Das bedeutet gleichzeitig, dass eine gesetzlich nicht ausdrücklich zugelassene Änderung den Antrag formunwirksam macht.

 

Hinweis

Hier sollten die Gläubiger und ihre Bevollmächtigten kein großes Risiko eingehen. Die Formunwirksamkeit kann nämlich nicht nur von dem Vollstreckungsorgan moniert werden. Vielmehr kann dies auch von einem nachpfändenden Gläubiger geltend gemacht werden, wenn er den Beschluss des vorpfändenden Gläubigers durch Akteneinsicht (§ 299 ZPO) prüft. Wegen § 804 Abs. 3 ZPO droht dann ein Rangverlust.

Verwenden von Anlagen ist geregelt

Anders als noch in der ZVFV 2012 und der GVFV 2015 enthält die aktuelle ZVFV nun eine ausdrückliche Regelung zu den zulässigen Anlagen. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 ZVFV ist es (nur) zulässig, weitere Anlagen dem Antrag bzw. Auftrag beizufügen, soweit in dem Formular die gewünschten Angaben nicht gemacht werden können. Das bezieht sich auch auf die Formulare nach den Anlagen 6 bis 8 der ZVFV.

Dies bedeutet, dass zunächst zu klären ist, ob und welche Eintragungen in dem Formular gemacht werden können. So können Hauptforderungen und Zinsen ebenso wie die titulierten Kosten und die Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 ZPO in den Formularen eingetragen werden. Gibt es mehrere Hauptforderungen, mehrfache Zinsansprüche mit unterschiedlichen Bezugsforderungen, titulierte Kosten oder Vollstreckungskosten, so können die Texteingabefelder nach § 3 Abs. 2 Nr. 6 lit. a) so häufig wie notwendig wiederholt werden.

Ist dies von der Software nicht gewährleistet, müssen die Anlagen 6 bis 8 nach § 2 Abs. 5 ZVFV insgesamt mehrfach genutzt werden, wenn bei einfacher Nutzung die erforderlichen Angaben nicht gemacht werden können. Solange dies möglich ist, scheidet gleichermaßen die Beifügung der Forderungsaufstellung des Gläubigers oder seines Bevollmächtigten aus.

Zahlungen sind nicht anzugeben

In der Praxis wird häufig vermisst, dass Teilzahlungen des Schuldners in dem Formular berücksichtigt werden können. Dies ist allerdings kein Fehler, sondern eine bewusste und richtige Entscheidung, die dem Unterschied von materiellem Recht und dem prozessualen Vollstreckungsrecht Rechnung trägt.

 

Hinweis

Der BGH (15.6.2016 – VII ZB 58/15 Rn 21, NJW 2016, 2810) hat entschieden, dass das Vollstreckungsorgan nicht befugt ist, eine von dem Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gem. § 367 Abs. 1 BGB hin zu überprüfen. Materiell-rechtliche Fragen sind einer Prüfung durch das Vollstreckungsorgan im streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entzogen. Ob den Bestimmungen der §§ 366, 367 BGB gemäß verrechnet wurde und insoweit Erfüllung der Forderungen des Gläubigers gem. § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, ist eine materiell-rechtliche Frage und einer Überprüfung durch das Vollstreckungsorgan daher nicht zugänglich. Diese Überprüfung hat vielmehr im Rahmen einer vom Schuldner zu erhebenden Vollstreckungsgegenklage zu erfolgen.

Vor diesem Hintergrund rechtfertigt also die fehlende Möglichkeit, frühere Teilzahlungen des Schuldners in dem Formular anzugeben, es nicht, eine eigene Forderungsaufstellung beizufügen. Im Ergebnis wird dies nur noch in sehr wenigen Fällen gerechtfertigt sein. Gleiches gilt für die fehlende Möglichkeit, frühere Nebenforderungen anzugeben, soweit diese durch die Verrechnung erfüllt sind. Sie sind dann nicht mehr Gegenstand des Vollstreckungsantrags.

 

Hinweis

Es fehlt deshalb auch an einer Grundlage für eine Forderung eines Vollstreckungsorgans nach eine...

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