Leitsatz

1. Die Kosten eines Vollstreckungsvergleichs können nach § 788 Abs. 1 ZPO nur dann beigetrieben werden, wenn der Schuldner in dem Vergleich die Kosten ausdrücklich übernommen hat.

2. Das Vollstreckungsorgan hat zu prüfen, ob die Vollstreckungskosten angefallen sind und ob sie notwendig waren, wozu der Gläubiger eine ordnungsgemäße Kostenberechnung vorlegen muss. Insoweit kann das Vollstreckungsorgan vom Gläubiger eine übersichtliche und allgemeinverständliche Aufstellung über die Vollstreckungskosten nebst aller dazugehörigen Belege verlangen.

3. Bei einer Inkassovergütung für den Abschluss eines Vollstreckungsvergleichs handelt es sich nicht um notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung, wenn die Gebühr eines Rechtsanwalts für dieselbe Tätigkeit deutlich geringer ausfällt. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten richtet sich nach den Bestimmungen des RVG.

LG Mainz, Beschl. v. 21.6.2023 – 3 T 30/23

1 Der Fall

Streit um die Einigungsgebühr für einen Vergleich

Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 759,37 EUR nebst Zinsen und Kosten. Am 22.11.2022 hat der Gläubiger, vertreten durch ein Inkassounternehmen, den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) gegen die Schuldnerin beantragt. Innerhalb des Antrags macht der Gläubiger zu Lasten der Schuldnerin unter der Bezeichnung "Ratenvergleich – schriftlich" unverzinsliche Kosten in Höhe von 180,88 EUR und eine auf unverzinsliche Kosten verbuchte Zahlung in Höhe von 60,35 EUR geltend.

Der Gläubiger macht auf die Monierung dieser Kosten geltend, die Schuldnerin sei über die Kosten informiert worden und habe sie gemäß Vereinbarung schriftlich anerkannt. In dem "Vertrag über die Beseitigung der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis mit Schuldanerkenntnis und Teilzahlungsvereinbarung" heißt es:

Zitat

"Hiermit erkennt der Zahlungsverpflichtete seine Verpflichtung zur Zahlung von 958,57 EUR (Saldo per 26.11.2021) sowie der weiteren Zinsen und evtl. notwendig werdenden monatl. Fremdkosten sowie der Kosten dieser Vereinbarung in Höhe von EUR 180,88 aus dieser Urkunde an. Der geschuldete Betrag ist zahlbar in monatlichen Raten in Höhe von 100 EUR, die erste Rate ist fällig am 1.12.2021."

AG lehnt PfÜB mit den Kosten ab

Das AG hat den Antrag des Gläubigers auf Erlass eines PfÜB abgelehnt. Die vertragliche Formulierung erfülle nicht die Anforderungen an eine Kostenübernahme. Ein Erlass des Beschlusses unter Kürzung des strittigen Betrags sei nicht möglich, weil die Schuldnerin nachfolgend Teilzahlungen geleistet habe, die dann anders zu verrechnen seien. Hiergegen wendet sich die Gläubigerin im Wege der sofortigen Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.

2 II. Aus der Entscheidung

Anspruchsgrundlage für die Erstattungsfähigkeit ist § 788 ZPO

Zu Recht hat das AG den Erlass eines PfÜB zur Vollstreckung wegen der Forderung aus dem Vollstreckungsbescheid nach Maßgabe der Forderungsaufstellung, die dem Antrag beigefügt war, abgelehnt. In diese Forderungsaufstellung ist zulasten der Schuldnerin ein Teilbetrag von 180,88 EUR für einen schriftlichen Ratenzahlungsvergleich eingeflossen, der nicht als mit zu vollstreckende Forderung berücksichtigt werden kann.

Nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung, soweit sie notwendig waren (§ 91 ZPO), dem Schuldner zur Last und sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben.

Der Gläubiger hat durch Vorlage des entsprechenden Vertragsdokuments belegt, dass zwischen ihm und der Schuldnerin ein Vollstreckungsvergleich zustande gekommen ist. Die Kosten eines Vollstreckungsvergleichs können regelmäßig nach § 788 Abs. 1 ZPO beigetrieben werden, wenn der Schuldner in dem Vergleich die Kosten ausdrücklich übernommen hat; ohne eine solche Vereinbarung wären die Vergleichskosten hingegen in entsprechender Anwendung des § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen (BGH, 24.1.2006 – VII ZB 74/05).

Anfall und Notwendigkeit der Kosten sind zu prüfen

Das zuständige Vollstreckungsorgan hat zu prüfen, ob die Vollstreckungskosten angefallen sind und ob sie notwendig waren. Der Gläubiger muss dazu eine ordnungsgemäße Kostenberechnung vorlegen. Rechnungen von Unternehmen, die er zur Durchführung der Zwangsvollstreckung eingeschaltet hat, sind zu prüfen und ggf. zu kürzen.

Die Berücksichtigung der einzelnen Ansätze unterliegt wie im Kostenfestsetzungsverfahren der Glaubhaftmachung, denn die Notwendigkeit der Kosten gehört zu den vom Gläubiger darzulegenden anspruchsbegründenden Voraussetzungen. Das Vollstreckungsorgan kann daher vom Gläubiger eine übersichtliche und allgemeinverständliche Aufstellung über die Vollstreckungskosten nebst aller dazu gehörigen Belege verlangen (MüKo/Schmidt/Brinkmann, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 788 ZPO Rn 37 m.w.N.). Ist die Entstehung oder Notwendigkeit der Vollstreckungskosten nicht glaubhaft gemacht, so findet die Beitreibung nach § 788 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht statt (MüKo/Schmidt/Brinkmann, ZPO, 6. Aufl. 2020, § 788 ZPO Rn 38).

LG hält schon das E...

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