Bei der Pfändung eines Rentenanspruchs kann der Anspruch auf Herausgabe des jeweils gültigen Rentenbescheids (bzw. der jeweils gültigen Rentenmitteilung) durch den Drittschuldner mit gepfändet und mit in den PfÜB aufgenommen werden; eine Herausgabeanordnung nach § 836 Abs. 3 ZPO entfällt dann. Der Herausgabe des Rentenbescheids durch den Drittschuldner stehen Gründe des Datenschutzes nicht entgegen, weil im Rahmen einer Interessenabwägung das Geheimhaltungsinteresse des Schuldners hinter dem Vollstreckungs- und Befriedigungsanspruch des Gläubigers zurückzutreten hat.

LG Bochum, 24.2.2009 – 7 T 407/08

I. Der Fall

Neben der Rente auch den Anspruch auf den Rentenbescheid gepfändet

Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) hat das AG die Forderung der Schuldnerin auf Zahlung von Renten sowie „den Anspruch auf Herausgabe des jeweils gültigen Rentenbescheides bzw. der jeweils gültigen Rentenmitteilung durch den Drittschuldner sowie durch den Schuldner an den Gläubigervertreter“ gepfändet. Gegen diesen Beschluss hat die Drittschuldnerin Erinnerung eingelegt, soweit der Anspruch auf Herausgabe der Rentenbescheide gepfändet worden ist. Das AG hat die Erinnerung zurückgewiesen.

II. Die Entscheidung

LG schließt sich schlicht dem LG Düsseldorf an

Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Das LG Düsseldorf (JurBüro 2008, 268) hat ausgeführt: „Bei der Forderungspfändung hat der Gläubiger gegen den Schuldner einen Anspruch auf Herausgabe der über die Forderung vorhandenen Urkunden gemäß § 836 Abs. 3 ZPO. Zu den Urkunden im Sinne des § 836 Abs. 3 ZPO zählen auch Lohnabrechnungen aus einem Arbeitsverhältnis (vgl. nur OLG Hamm DGVZ 1994, 188) und Leistungsbescheide betreffend Arbeitslosengeld (LG Essen JurBüro 2001, 153; LG Leipzig JurBüro 2001, 403; LG Regensburg Rpfleger 2002, 468; Musielak-Becker, ZPO, 5. Aufl., § 836 Rn 7).

Rechnungslegungsansprüche sind mitgepfändet

Nach überwiegender Ansicht, die durch den Beschluss des BGH vom 18.7.2003 (ZIP 2003, 1771) bestätigt worden ist, erstreckt sich die Pfändung des Hauptrechts auf die Ansprüche der Auskunftserteilung und Rechnungslegung, die der Feststellung des Gegenstandes und des Betrages des Hauptanspruchs dienen. Von der Systematik her stehen die Ansprüche aus § 836 Abs. 3 ZPO gleichberechtigt neben denen aus § 840 ZPO (OLG Hamm DGVZ 1994, 188; LG Koblenz JurBüro 1996, 663; LG Köln JurBüro 1996, 439).

Urkunde befindet sich noch im Besitz des Drittschuldners

Befindet sich die herauszugebende Urkunde nicht in der Hand des Schuldners, sondern im Besitz des Drittschuldners, so ist der angebliche Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den Dritten durch den Überweisungsbeschluss neben der Forderung mitüberwiesen (OLG Hamm DGVZ 1994, 188; LG Koblenz JurBüro 1996, 663; LG Marburg Rpfleger 1994, 309). Der Gläubiger hat somit die Möglichkeit, den Anspruch des Schuldners auf Herausgabe z.B. der Lohnabrechnung, des Leistungsbescheides als Nebenrecht mit in den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufzunehmen. So kann der Gläubiger direkt gegen den Drittschuldner vorgehen. Eine Herausgabeanordnung gemäß § 836 Abs. 3 ZPO entfällt dann. Das Verhältnis zwischen Schuldner und Drittschuldner gewährt einen Anspruch auf Übersendung der jeweiligen Leistungsbescheide. Dieser Auskunftsanspruch in Gestalt des Herausgabeanspruchs ist als Nebenrecht von der Pfändung umfasst. Diesen Anspruch kann daher auch der pfändende Gläubiger gegen den Drittschuldner geltend machen. Im Pfändungsbeschluss kann die Erstreckung der Einkommenspfändung auf den Auskunftsanspruch in Gestalt der Herausgabe des Leistungsbescheides, des Rentenbescheides, der Lohnabrechnung deklaratorisch mit ausgesprochen werden (vgl. OLG Hamm DGVZ 1994, 188; AG Dortmund JurBüro 2008, 100; AG Wuppertal JurBüro 2007, 495; AG Dortmund JurBüro 2007, 499; Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rn 1742).“

Datenschutz steht nicht entgegen

Die Kammer schließt sich dieser Auffassung an. Danach liegt hier entgegen der Ansicht der Drittschuldnerin keine Pfändung eines nach § 54 Abs. 1 SGB X unpfändbaren Anspruchs auf Dienst- und Sachleistungen, sondern eine Pfändung eines Geldleistungsanspruchs vor, die sich auf die Ansprüche der Auskunftserteilung und Rechnungslegung erstreckt, die der Feststellung des Gegenstandes und des Betrages des Hauptanspruchs dienen. Soweit sich die Drittschuldnerin zu 2) auf die Datenschutzbestimmungen der §§ 67 f. SGB X beruft, schließt sich die Kammer dem Amtsgericht Wuppertal (JurBüro 2007, 495) an, das hierzu ausgeführt hat:

Abwägung: Kein Schutzinteresse des Schuldners

Die Datenschutzbestimmungen der §§ 67 f. SGB X stehen der Pfändung nicht entgegen. Zumindest im vorliegenden Falle hat das Geheimhaltungsinteresse zurückzutreten: Dem Grundrechtschutz des Schuldners auf Wahrung seiner persönlichen Daten kommt hier nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Der Schuldner wäre nämlich im Rahmen seiner Auskunftspflicht nach § 836 Abs. 3 ZPO gegenüber dem Gläubiger ohnehin verpflichtet, den Inhalt des Leistungsbescheides preiszugeben un...

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