OLG: Vollstreckungsgegenklage auch in Familienstreitsachen

Einwendungen gegen festgestellte materielle Leistungsansprüche sind mit der sogenannten Vollstreckungsabwehrklage (oder Vollstreckungsgegenklage) des § 767 ZPO geltend zu machen, gleichgültig, ob diese Einwendungen rechtsvernichtend (wie hier die Erfüllung) oder nur rechtshemmend sind. Die Klage nach § 767 ZPO ist eine prozessuale Gestaltungsklage. Streitgegenstand ist allein die gänzliche oder teilweise endgültige Vernichtung der Vollstreckbarkeit. Der Klageantrag geht dahin, die Zwangsvollstreckung aus dem angegriffenen Titel für unzulässig zu erklären. § 767 ZPO ist gemäß § 120 Abs. 1 FamFG auf die Vollstreckung in Familienstreitsachen anwendbar (OLG Saarbrücken MDR 2011, 168 f.; Zöller/Feskorn, ZPO, 29. Aufl., § 95 FamFG Rn 1, 10).

PfÜB nur anfechtbar

Der PfÜB ist auch bei einem Verstoß gegen ein Pfändungsverbot nicht wirkungslos oder nichtig, sondern nur anfechtbar; er ist bis zur Aufhebung auf ein Rechtsmittel vom Schuldner und vom Drittschuldner zu beachten (BGH NJW-RR 2009, 211; Stöber, Forderungspfändung, 15. Aufl., 2. Kapitel, Rn 750). Ein PfÜB kann ohne Wirkung sein, wenn die Zustellung an den Drittschuldner nicht erfolgt ist (§ 829 Abs. 3 ZPO) oder wenn die gepfändete Forderung nicht besteht. Eine Unwirksamkeit kann vorliegen, wenn der Vollstreckungsakt als solcher nichtig ist, z.B. bei Fehlen der funktionellen Zuständigkeit bei Erlass des PfÜB, oder wenn der Pfändungsgegenstand nicht hinreichend genug bestimmt ist (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 829 Rn 23). Bei einem Verstoß gegen ein Pfändungsverbot oder eine Pfändungsbeschränkung, der keine Nichtigkeit bewirkt, ist lediglich die Anfechtung möglich (LG Lüneburg JurBüro 2008, 497). Der anfechtbare PfÜB ist bis zu seiner Aufhebung wirksam. Den Drittschuldner schützt § 836 Abs. 2 ZPO; zu seinen Gunsten gilt der zu Unrecht erlassene PfÜB bis zu seiner Aufhebung als rechtsgültig (Stöber, a.a.O., Rn 750).

Drittschuldner hat kaum eine Wahl

Der Drittschuldner kann bei seiner Inanspruchnahme die Unpfändbarkeit der vom Gläubiger geltend gemachten Forderung nur eingeschränkt geltend machen, wenn diese nicht auf eine prozessuale Bestimmung gestützt wird, sondern in dem materiellen Schuldverhältnis ihren Grund hat, d.h. "in der eigenen materiellen Rechtsstellung des Schuldners", z.B. wenn die Forderung nach sachlichem Recht nicht abtretbar ist (§ 851 Abs. 1 ZPO). Der Drittschuldner kann im Prozess mit dem Gläubiger die Unpfändbarkeit des gepfändeten Anspruchs nicht geltend machen, wenn dieser lediglich gemäß §§ 850b Abs. 2, 850c ZPO relativ unpfändbar ist (OLG Celle NJW 1962, 1731). Auch der BGH hat entschieden, dass es offen bleiben kann, ob die Pfändung des streitgegenständlichen Anspruchs unter Verletzung pfändungsschutzrechtlicher Bestimmungen bewirkt worden ist und wie weit ein etwaiger Pfändungsschutz gereicht hätte. Entscheidend ist, dass der Drittschuldner sich auf einen etwaigen Pfändungsschutz nicht mit Erfolg berufen könnte (BGH FamRZ 1998, 608; so auch Zöller/Stöber, § 829 Rn 27: "Auf ein prozessuales Pfändungsverbot, z.B. §§ 850b, 850d, 850f Abs. 2, 3 ZPO, kann sich der Drittschuldner im Rechtsstreit nicht selbstständig berufen"). Das OLG Bamberg hat entschieden, dass in einem sogenannten Drittschuldnerprozess lediglich noch zu prüfen ist, ob und in welcher Höhe die gepfändete Forderung dem Schuldner zusteht; denn gepfändet und überwiesen wird stets nur die angebliche Forderung. Dagegen obliegt die Prüfung der Pfändbarkeit einer Forderung ausschließlich dem Vollstreckungsgericht (FamRZ 1988, 948-949; so auch BGHZ 66, 79 und OLG Celle FamRZ 1986, 196).

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