Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckungsgegenantrag wegen Verwirkung titulierter Kindesunterhaltsansprüche

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Geltendmachung rückständigen Kindesunterhalts ist verwirkt, wenn die Ansprüche über längere Zeit nicht geltend gemacht werden (sog. Zeitmoment) und der Unterhaltsverpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht auch künftig nicht mehr geltend machen (sog. Umstandsmoment). Das Zeitmoment ist erfüllt, wenn die in einem Vergleich titulierten Unterhaltsansprüche fünfeinhalb Jahre zurückliegen. Erfüllung des Umstandsmoments liegt vor, wenn bislang Vollstreckungsmaßnahmen nicht ergriffen worden sind.

 

Normenkette

BGB § 242; FamFG § 120 Abs. 1; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

AG St. Wendel (Beschluss vom 24.02.2010; Aktenzeichen 16 F 327/09 UK)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Wendel vom 24.2.2010 - 16 F 397/09 UK - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens

 

Gründe

I. Die Beteiligten haben am 9.9.1994 geheiratet. Aus der Ehe sind die Kinder Janik, geboren am 10.1.1995, und Silas, geboren am 8.2.1996, hervorgegangen. Die Ehe wurde durch Urteil des AG -Familiengericht - in St. Wendel vom 27.9.2002 - 16 F 12/02 - seit dem 19.11.2002 rechtskräftig - geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlössen die Beteiligten am 27.9.2002 einen Vergleich, worin sich der Antragsteller verpflichtete, zur Abgeltung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt an die Antragsgegnerin 15.000 EUR sowie ab September 2002 Kindesunterhalt für Janik und Silas jeweils i.H.v. 150 % des Regelbetrages unter Anrechnung des jeweiligen staatlichen Kindergeldes, "derzeit in Höhe eines Zahlbetrages von je 265 EUR" zu zahlen.

Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 28.7.2009 (Bl. 11 ff. d.A.) wandte sich die Antragsgegnerin an den Antragsteller und errechnete aufgelaufene Unterhaltsrückstände bis Juli 2009 i.H.v. 6.441 EUR. Dabei wies die Antragsgegnerin u.a. darauf hin, dass sich der Unterhalt von Juli 2003 bis Juni 2005 um jeweils 20 EUR monatlich erhöht habe und sich nach Abzug geleisteter Zahlungen i.H.v. monatlich je 265 EUR insoweit ein Unterhaltsrückstand i.H.v. 960 EUR ergebe. Nach einem Telefonat zwischen den beiden Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten wurde seitens der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31.8.2009 (Bl. 15 f. d.A.) mitgeteilt, dass dem Vorschlag der Gegenseite zur Regelung der Unterhaltsrückstände zugestimmt werde, sofern der Antragsteller sofort 6.000 EUR sowie ab August 2009 monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 708 EUR zahle und die Anwaltskosten der Antragsgegnerin sowohl aus der Geltendmachung der Unterhaltsrückstände als auch des erhöhten Unterhaltes übernehme. Hierauf erklärte der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 11.9.2009 (Bl. 17 f. d.A.), dass der Antragsteller ab Oktober 2009 Unterhalt i.H.v. monatlich je 401 EUR zahlen werde und auf den für Juli bis September 2009 aufgelaufenen Rückstand 282 EUR leisten wolle. Außerdem teilte er mit, dass entsprechend der getroffenen Vereinbarung 6.000 EUR auf den rückständigen Unterhalt bis 15.9.2009 überwiesen würden und mit der Zahlung dieses Betrages sämtliche Ansprüche für die Vergangenheit abgegolten seien. Hierauf erwiderte der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 22.9.2009 (Bl. 19 d.A.) dass der "nacheheliche Unterhalt" durch die Vereinbarung erledigt und auch erfüllt sei.

Mit Schriftsatz vom 28.9.2009 (Bl. 22 f. d.A.) machte die Antragsgegnerin für die Zeit von Januar 2003 bis November 2003 weitere Unterhaltsrückstände i.H.v. 3.530 EUR geltend mit der Begründung, dass der Antragsteller in dieser Zeit sämtliche Unterhaltszahlungen eingestellt habe, so dass nicht nur hinsichtlich der eingetretenen Unterhaltserhöhung Rückstände aufgetreten seien, wobei lediglich der Kaufpreis für ein vom Antragsteller angeschafftes Geländemotorrad i.H.v. 2.200 EUR vereinbarungsgemäß mit dem Unterhalt verrechnet worden sei.

Der Antragsteller hatte den Kindern bzw. der Antragsgegnerin auch noch weitere Gegenstände (drei Telefone, drei Laptops, ein Headset) überlassen. Mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 1.12.2009 (Bl. 67 f. d.A.) erklärte die Antragsgegnerin die Anfechtung des Unterhaltsvergleichs gemäß den Schreiben vom 31. August und 22.9.2009 mit der Begründung, dass sie einen Verzicht über Unterhaltsrückstände, soweit diese nicht das Erhöhungsverlangen gemäß Schreiben vom 28.7.2009 betroffen hätten, zu keinem Zeitpunkt habe erklären wollen. Mit Schreiben vom 11.12.2009 (Bl. 69 d.A.) wies der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers die Anfechtung mit der Begründung, es sei keine Originalvollmacht vorgelegt worden, zurück. Mit Schreiben vom 17.12.2009 (Bl. 70 d.A.) wurde die Anfechtung erneut - diesmal unter Vorlage einer Originalvollmacht - erklärt.

Der Antragstelle...

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