Der BGH widerspricht und bestätigt seine Rechtsprechung

Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthaft und auch ansonsten nach § 575 ZPO zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.

Der GV ist nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO beim Vorliegen eines entsprechenden Vollstreckungsauftrags des Gläubigers befugt, gemäß § 802l ZPO Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners einzuholen. Nach § 802l Abs. 1 S. 1 ZPO darf er, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder bei einer Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung des Gläubigers voraussichtlich nicht zu erwarten ist, bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung den Namen, die Vornamen oder die Firma sowie die Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Schuldners erheben (Nr. 1), das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, gemäß § 93 Abs. 8 AO bei den Kreditinstituten die in § 93b Abs. 1 AO bezeichneten Daten abzurufen (Nr. 2) und beim Kraftfahrt-Bundesamt die Fahrzeug- und Halterdaten nach § 33 Abs. 1 StVG zu einem Fahrzeug erheben, als dessen Halter der Schuldner eingetragen ist (Nr. 3). Die Erhebung der Daten und das Ersuchen sind nach § 802l Abs. 1 S. 2 ZPO nur zulässig, soweit dies zur Vollstreckung erforderlich ist.

Keine Notwendigkeit eines – teuren – eigenen Antrags

Das LG hat zu Unrecht angenommen, dass der Gläubiger im Streitfall nicht berechtigt war, eine Drittauskunft zu beantragen. Ein Gläubiger, der gemäß § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO den GV beauftragt, Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners i.S.d. § 802l ZPO einzuholen, muss nicht selbst gemäß § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO einen eigenen Antrag gestellt haben oder stellen, eine Vermögensauskunft des Schuldners nach § 802c ZPO einzuholen (vgl. BGH, 20.9.2018 – I ZB 120/17; BGH, 16.5.2019 – I ZB 79/18).

Die Auffassung, die der beschließende Senat insoweit in den beiden vorstehend angeführten Entscheidungen unter Bezugnahme auf den Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen vertreten hat, ist allerdings sowohl in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung (für die grundsätzliche Zulässigkeit eines solchen "isolierten Antrags" durch einen Folgegläubiger LG Oldenburg JurBüro 2014, 664; LG Koblenz DGVZ 2015, 111, 112 = JurBüro 2016, 382; LG Frankfurt [Oder] DGVZ 2016, 28; LG Ravensburg DGVZ 2017, 149, 150; LG Krefeld JurBüro 2017, 545, 546; AG Euskirchen DGVZ 2015, 94, 95; AG Heidelberg DGVZ 2015, 226, 227; AG Heidelberg DGVZ 2016, 54, 55 bis 57 = JurBüro 2016, 378; AG Schwerin DGVZ 2017, 92; AG Leipzig JurBüro 2018, 490, 493; AG Dresden DGVZ 2018, 187 = JurBüro 2018, 549; a.A. LG Stuttgart DGVZ 2019, 211, 212 f. = JurBüro 2019, 604; AG Esslingen DGVZ 2013, 195; AG Fürth DGVZ 2014, 225; AG Calw DGVZ 2019, 85, 86; AG Wittenberg, 18.7.2019 – 26 M 1369/19; AG Stralsund DGVZ 2020, 19; AG Essen DGVZ 2020, 151 f. als auch im Schrifttum umstritten (für die Zulässigkeit eines isolierten Antrags durch Folgegläubiger BeckOK-ZPO/Fleck, 38. Ed. [Stand: 1.9.2020], § 802l Rn 13a.1; MüKo-ZPO/Forbriger, 6. Aufl., § 802l Rn 38; Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl., § 802l Rn 2; Würdinger, in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 802l Rn 7; HK-ZPO/Rathmann, 8. Aufl., § 802l Rn 4; Nober, in: Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 78. Aufl., § 802l Rn 1; Walker/Vuia, in: Schuschke/Walker/Kessen/Thole, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 7. Aufl., § 802l Rn 3; HK-ZV/Sternal, 3. Aufl., § 802l Rn 8; Mroß, DGVZ 2012, 169, 177; ders., AnwBl 2013, 16, 21; ders., DGVZ 2013, 69, 70; Harnacke/Bungardt, DGVZ 2013, 1, 7 [Fall 28]; Seip, DGVZ 2013, 67, 68; Büttner, JurBüro 2018, 395, 399; a.A. Zöller/Seibel, ZPO, 33. Aufl., § 802l Rn 3; Mroß, DGVZ 2019, 213, 214; Walker, DGVZ 2020, 61, 63; widersprüchlich Meller-Hannich, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 802l Rn 2 einerseits und Rn 5 sowie Rn 19 andererseits).

Der Wortlaut ist maßgeblich

Die erst durch das Hineinlesen eines in der gesetzlichen Regelung nicht enthaltenen Tatbestandsmerkmals bewirkte Unzulässigkeit isolierter Anträge von Folgegläubigern, gemäß § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO Auskünfte Dritter über das Vermögen des Schuldners gemäß § 802l ZPO einzuholen, wird unter anderem mit der Systematik der zuletzt genannten Vorschrift begründet. Deren Abs. 4 bestimme für die Weitergabe bereits erhobener Drittauskünfte an einen weiteren Gläubiger, dass die Voraussetzungen für die Datenerhebung auch bei diesem Gläubiger vorliegen müssten (AG Calw DGVZ 2019, 85, 86). Diese Regelung wäre unverständlich, wenn der weitere Gläubiger seinerseits unter Hinweis auf die anderweitig nicht erteilte Vermögensauskunft isoliert die Einholung von Drittauskünften beantragen könnte (AG Wittenberg, 18.7.2019 – 26 M 1369).

Zusammenhang aller Regelungen sehen

Diese Sichtweise berücksichtigt nicht, dass der GV gemäß § 802l Abs. ...

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