Leitsatz

Die Vollziehung eines Haftbefehls zur Erzwingung der Abgabe der Vermögensauskunft stellt verfahrensrechtlich keinen gesonderten Auftrag dar. Daher kommt es auf die kostenrechtliche Ausgestaltung als eigenen Auftrag nicht an. Es entsteht deshalb keine Gebühr für einen nochmaligen Versuch einer gütlichen Erledigung.

LG Osnabrück, Beschl. v. 16.2.2021 – 9 T 18/21

1 Der Fall

Auftrag auf Abnahme der Vermögensauskunft

Der Gerichtsvollzieher (GV) wurde mit der Abnahme der Vermögensauskunft nach den §§ 802c, 802f ZPO durch die Gläubigerin beauftragt; nicht enthalten im Auftrag waren die Module E (gütliche Einigung) und F (Ausschluss der gütlichen Einigung). Aufgrund dessen ging der GV davon aus, dass ein Auftrag zur Erreichung einer gütlichen Erledigung erteilt worden war. Weil der Schuldner zum angesetzten Termin nicht erschien, sandte der GV die Vollstreckungsunterlagen nebst zugehöriger Rechnung an den Vertreter der Gläubigerin. Hierbei enthielt die Kostenrechnung über insgesamt 50,96 EUR unter anderem die Position "KV 208 Versuch gütl. Erledigung (erm.) 8,00 EUR".

Antrag auf Verhaftung zur Vollstreckung an den GV

Daraufhin wurden die Unterlagen mit dem Auftrag zur Verhaftung des Schuldners gemäß § 802g Abs. 2 ZPO – aufgrund eines erwirkten Haftbefehls – an den GV zurückgesandt. Nach Mitteilung des GV erschien der Schuldner sodann in seinem Büro. Hier wurde vergeblich eine gütliche Erledigung versucht. Im Anschluss daran gab der Schuldner die Vermögensauskunft ab. Mit weiterer Rechnung zur Gesamthöhe von 62,05 EUR stellte der GV der Gläubigerin aufgrund dessen unter anderem die Position "KV 207 Versuch gütl. Erledigung 16,00 EUR" in Rechnung.

Gläubiger wehrt sich gegen die doppelte Berechnung der gütlichen Erledigung

Die Gläubigerin legte gegen die Kostenrechnung ausschließlich im Hinblick auf die Position Ziffer 207 KV GvKostG zu 16,00 EUR Erinnerung ein. Sie ist der Ansicht, der Versuch einer gütlichen Einigung könne nur einmalig in Rechnung gestellt werden und sei somit bereits mit der ersten Rechnung abgegolten. Der Meinung hat sich die Bezirksrevisorin angeschlossen, da eine Gebühr nach Ziffer 207 KV GvKostG vorliegend ihrer Ansicht nach nicht entstanden sein könne.

Das AG hat der Erinnerung der Gläubigerin allerdings nur teilweise stattgegeben und zweimal eine Gebühr nach Nr. 208 KV GvKostG angesetzt. Hiergegen wendet sich die Bezirksrevisorin mit ihrer Beschwerde (!).

2 II. Die Entscheidung

Zulässige und begründete Beschwerde

Die von der Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse eingelegte Beschwerde ist gemäß § 5 Abs. 2 GvKostG, § 66 Abs. 3 GKG aufgrund der ausdrücklichen Zulassung der Beschwerde statthaft und auch im Übrigen zulässig. Auch in der Sache hat sie Erfolg. Denn die Kostenrechnung ist anderweitig auf 46,05 EUR festzusetzen, der Gerichtsvollzieher durfte vorliegend weder eine Gebühr nach Ziffer 207 KV GvKostG noch nach Ziffer 208 KV GvKostG dafür verlangen.

Die Voraussetzungen der Gebühr nach Nrn. 207, 208 KV GvKostG

Eine Gebühr nach den Ziffern 207, 208 KV GvKostG entsteht im Falle des Versuchs einer gütlichen Erledigung der Sache i.S.d. § 802b ZPO. Doch hat der GV die Erledigung eben jener Sache schon anlässlich des Termins zur Abnahme der Vermögensauskunft, zu der der Schuldner nicht erschienen ist, zutreffend abgerechnet. Weil nämlich der GV zugleich mit einer Maßnahme nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO in Form der Einholung der Vermögensauskunft beauftragt war, ermäßigte sich der Gebührentatbestand auf 8,00 EUR.

Keine weitere Gebühr im Kontext der beauftragten Verhaftung

Der GV kann indessen gar keine weitere Gebühr für den Versuch einer gütlichen Einigung geltend machen.

Zwar ist die Vollziehung eines Haftbefehls ein besonderer Auftrag, vgl. § 3 Abs. 1 S. 4 GvKostG, indessen bedeutet diese kostenrechtliche Regelung nicht, dass es sich auch verfahrensrechtlich um verschiedene Aufträge handelt. Weil Kostenrecht "Folgerecht" ist, soll mit der Differenzierung zwischen einem und mehreren Aufträgen lediglich die Anzahl der zu erhebenden Wegegeldpauschalen bzw. die Höhe der Auslagenpauschale geregelt werden (vgl. BeckOK-KostenR/Herrfurth, 31. Ed., GvKostG § 3 Rn 35). Das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft setzt sich nämlich letztlich mit der Verhaftung fort (Schröder-Kay/Gerlach, GvKostG, 13. Aufl., GvKostG § 3 Rn 68). Prozessual ist in dem Verhaftungsauftrag kein besonderer Auftrag, sondern ein subsidiärer Antrag nach § 802g Abs. 2 ZPO zu sehen (Kindl/Meller-Hannich/Kawell, GRd ZV, 4. Aufl., GvKostG KV 207–208 Rn 18).

Viele Versuche, nur eine Gebühr

Unternimmt der GV also in Ausführung des Verhaftungsauftrags einen Versuch der gütlichen Erledigung, entsteht dadurch tatbestandsmäßig im Grundsatz zwar eine Gebühr nach den Ziffern 207, 208 KV GvKostG im fortgesetzten Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft; sie wird aber gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 GvKostG als eine nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses entstandene Gebühr bei der Durchführung desselben Auftrags nur einmal erhoben. Derselbe Auftrag ist hier der begonnene und ...

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