Pflichtteilsanspruch ist pfändbar …

Gemäß § 852 Abs. 1 ZPO ist der Pflichtteilsanspruch der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Trotz dieses Wortlauts ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Zugriff der Gläubiger auf den Anspruch möglich, bevor die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Gepfändet wird dann der in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit durch die Erfüllung der Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO aufschiebend bedingte Pflichtteilsanspruch (BGH NJW 1993, 2876; BGH NJW 1997, 2384). Der Anspruch ist ohne Einschränkung mit einem Pfandrecht belegt. Der Schuldner darf über die Forderung nicht mehr verfügen. Der Rang des Pfandrechts bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Pfändung.

… jedoch erst unter weiteren Voraussetzungen verwertbar

Der gepfändete Anspruch darf jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO verwertet werden. Damit hängt nicht die Pfändbarkeit, sondern erst die Verwertbarkeit vom vertraglichen Anerkenntnis bzw. von der Rechtshängigkeit ab. Welche Anforderungen nach diesen Grundsätzen an den Inhalt von Pfändungsantrag und -beschluss zu stellen sind, ist umstritten.

Hier wird gestritten

Einerseits wird vertreten, der Gläubiger müsse in seinem Antrag schlüssig vortragen, dass die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorlägen (Behr, JurBüro 1996, 65; Wieczorek/Schütze/Lüke, 3. Aufl., § 852 ZPO Rn 6; MünchKommZPO-Smid, 2. Aufl., § 852 Rn 5). Der Pfändungsbeschluss müsse erkennen lassen, ob der Rechtspfleger von einem Anerkenntnis oder von der Rechtshängigkeit ausgegangen sei (Schuschke/Walker/Kessal-Wulf, ZPO, 4. Aufl., § 852 Rn 6). Da die Verwertbarkeit in der Schwebe bleibe, solange die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO nicht erfüllt seien, gehöre ein entsprechender Hinweis zur Bestimmung des Anspruchs in Antrag und Beschluss (Kuchinke, a.a.O.; LG Münster NJW-RR 2006, 1020, 1021).

BGH entscheidet die Streitfrage

Der BGH folgt jedoch einer anderen Auffassung in der Literatur, wonach Antrag und Beschluss insoweit keine Angaben enthalten müssen (Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Rn 273a und bei Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 852 Rn 3, 4; Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 852 Rn 4; Musielak/Becker, ZPO, 6. Aufl., § 852 Rn 3; Greve, ZIP 1996, 699, 701). Die vertragliche Anerkennung oder Rechtshängigkeit sind danach nicht Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung. Es liegt kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor, wenn der Antrag auf Erlass eines Beschlusses zur Pfändung eines Pflichtteilsanspruchs oder der Beschluss selbst keine Angaben dazu enthalten, ob der Anspruch vom Schuldner vertraglich anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Mangels Voraussetzung für die Pfändung des Anspruchs sind sie vom Vollstreckungsgericht auch nicht zu prüfen. Ohnehin wird der Gläubiger häufig nicht über entsprechende Erkenntnisse verfügen, so dass er dann gezwungen würde, ins Blaue hinein Angaben zu machen.

Dass die Verwertung des Anspruchs erst dann erfolgen darf, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO vorliegen, ist eine gesetzliche Einschränkung. Sie ist nicht Inhalt des Pfändungsbeschlusses, und es ist von Gesetzes wegen nicht geboten, sie in den Pfändungsbeschluss aufzunehmen. Ähnlich liegt es bei der – wenn auch nur in Grenzen vergleichbaren – Pfändung einer aufschiebend bedingten Forderung. Diese Pfändung kann ohne den Hinweis darauf erfolgen, dass die Verwertung erst dann erfolgen darf, wenn die Bedingung eingetreten ist.

Interessen von Schuldner und Drittschuldner sind gewahrt

Die Interessen des Schuldners und des Drittschuldners werden nicht unzumutbar beeinträchtigt, wenn der Pfändungsbeschluss keine ergänzenden Angaben enthält. Sie sind ausreichend dadurch geschützt, dass der Überweisungsbeschluss erst ergehen darf, wenn die Voraussetzungen des § 852 Abs. 1 ZPO tatsächlich vorliegen, wozu der Gläubiger bei einem entsprechenden Antrag Angaben machen muss. Allerdings empfiehlt es sich für die Vollstreckungsgerichte im Hinblick auf die missverständliche Formulierung in § 852 Abs. 1 ZPO bis zu einer gesetzlichen Klarstellung, in den Pfändungsbeschluss in allgemein verständlicher Form einen Hinweis aufzunehmen, dass die Verwertung des gepfändeten Pflichtteilsanspruchs erst erfolgen darf, wenn der Anspruch durch Vertrag anerkannt worden oder rechtshängig geworden ist. Durch diese Information wird dem Schuldner und dem Drittschuldner verdeutlicht, dass zwar die Pfändung, anders als es der Wortlaut von § 852 Abs. 1 ZPO nahelegt, erfolgen konnte, dass aber eine Einziehung des Anspruchs durch den Gläubiger erst in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen der Norm vorliegen. Damit kann der denkbaren Gefahr, dass allein die Zustellung des Pfändungsbeschlusses den Drittschuldner zu einer Zahlung an den Gläubiger veranlasst, vorgebeugt werden.

BGH: Aber kein Erlass des Überweisungsbeschlusses

Dagegen beanstandet der BGH den Erlass des Überweisungsbeschlusses. Der Pflichtteilsanspruch dürfe nicht zur Einziehung überwiesen werden, w...

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