Leitsatz

Stellt die Gerichtsvollzieherin der Schuldnerin einen von den Gläubigern erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu, ist ein Antrag nach § 23 EGGVG zur Überprüfung dieser Maßnahme nicht zulässig.

OLG Koblenz, Beschl. v. 30.10.2020 – 12 VA 3/20

1 Der Fall

Schuldnerin wehrt sich gegen die Zustellung eines PfÜB

Die Antragsgegner betreiben gegen die Antragstellerin aus zwei Kostenfestsetzungsbescheiden die Zwangsvollstreckung. Am 25.8.2020 hat die Gerichtsvollzieherin … der Antragstellerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17.8.2020 zugestellt. Dagegen hat die Antragstellerin Erinnerung eingelegt, der die Gerichtsvollzieherin nicht entsprochen hat.

Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 14.10.2020 Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum OLG gestellt, da für Maßnahmen des Gerichtsvollziehers außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf Antrag das OLG für eine Rechtmäßigkeitskontrolle zuständig sei.

2 II. Die Entscheidung

Unzulässiges Rechtsmittel

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, da er sich bereits nach § 23 Abs. 3 EGGVG als nicht statthaft erweist.

Im Ansatz noch zutreffend verweist die Antragstellerin darauf, dass über die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen des GV außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens auf Antrag das OLG entscheidet (vgl. OLG Karlsruhe MDR 1976, 54).

GV handelt in der Zwangsvollstreckung

Entgegen ihrer Auffassung liegt hier indes keine Maßnahme der GV "außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens" vor. So ist die GV hier nach § 829 Abs. 2 S. 2 ZPO tätig geworden, also nicht nur nach der Stellung der Regelung im Gesetz, sondern auch nach deren konkreter Ausgestaltung gerade im Zuge einer laufenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme.

Dass die GV selbst ihr Handeln dahingehend umschreibt, dass sie "in dieser Sache nur als Zustellorgan tätig" geworden sei, ändert an dieser Einschätzung nichts. Hierdurch hat die GV – im Hinblick auf die vielfältigen Einwände, die die Antragstellerin mit ihrer Erinnerung vorgebracht hatte – nur zu verstehen gegeben, dass ihrerseits keine eigene Vollstreckungsentscheidung getroffen worden sei, sondern sie nur die Zustellungsanweisungen seitens der Rechtspflegerin umgesetzt habe. Die von ihr vorgenommene Zustellung bleibt indes – anders als beispielsweise bei einer Zustellung nach § 132 Abs. 1 BGB – im Rahmen einer Vollstreckungsmaßnahme.

Es gibt diverse andere Rechtsbehelfe

Zur Überprüfung der von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände stehen nach §§ 766, 767, 793 ZPO aber verschiedene Rechtsbehelfe innerhalb des laufenden Vollstreckungsverfahrens zur Verfügung, über welche der Antragstellerin ein umfassender Rechtsschutz gewährt wird. Anders als in jenen Fällen, in welchen ein Antragsteller auf die – verweigerte – Mithilfe eines GV für (beispielsweise) die Zustellung einer privaten Willenserklärung, einer titelumschreibenden vollstreckbaren Ausfertigung mit Nachweisurkunde (vgl. OLG Hamm Rpfleger 2011, 93) oder die Verwertung eines Pfandes (vgl. OLG Nürnberg MDR 2014, 165; OLG Düsseldorf MDR 2008, 1365) angewiesen ist, für die die Verfahrens- und Prozessordnungen keinen gesonderten Rechtsschutz vorsehen, wird die Antragstellerin hier somit in die Lage versetzt, dass "die ordentlichen Gerichte bereits aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können" (§ 23 Abs. 3 EGGVG). Infolgedessen hat es mit diesen anderweitigen Rechtsschutzmöglichkeiten aber sein Bewenden.

Sowohl das behauptete Erlöschen der Vollstreckungsforderungen wie auch die angeblich fehlenden Unterschriften und die unter einer angeblich unzutreffenden Anschrift erfolgte Zustellung können – wenn auch auf unterschiedlichem Wege – über die aufgezeigten Rechtsbehelfe nach §§ 766, 767, 793 ZPO geltend gemacht werden. Eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung bedarf es daneben nicht.

3 Der Praxistipp

Angriffe gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Für die verfahrensrechtlichen Rechtsmittel gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist zu unterscheiden, ob dieser erlassen oder abgelehnt wurde und wer das Rechtsmittel einlegt.

Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlassen wurde, erfolgt dies nach § 834 ZPO verfahrensgemäß ohne Anhörung des Schuldners. Damit handelt es sich um eine Vollstreckungsmaßnahme i.S.d. § 766 ZPO, so dass dem Schuldner das unbefristete Rechtsmittel der Erinnerung nach § 766 ZPO zusteht.
Wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dagegen ganz oder teilweise abgelehnt, so handelt es sich um eine Vollstreckungsentscheidung mit der Folge, dass dem beschwerten Gläubiger die sofortige Beschwerde nach § 793 ZPO i.V.m. § 567 ZPO zusteht.

In diesem Kontext kann der Schuldner geltend machen, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss schon nicht hätte erlassen werden dürfen oder eine unwirksame Zustellung vorliegt, mit der Folge, dass ihm der pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens weiterhin zusteht.

Materiell-rechtliche Angriffe

Wendet der Schuldner ein, dass die Vollstreckungsforderung ganz oder teilweise nicht mehr besteht, weil diese erfüllt wurde, so muss er die...

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