Verbesserte und beschleunigte Informationsbeschaffung

Mit der Neufassung von § 802l ZPO sollen die Voraussetzungen, unter denen die Drittauskünfte eingeholt werden können, erleichtert werden. Das wird durch andere Regelungen allerdings konterkariert. Wie bei der Aufenthaltsermittlung sollen dann auch die berufsständischen Versorgungseinrichtungen in den Kreis der auskunftspflichtigen Stellen aufgenommen werden. Damit wurde im Gesetzgebungsverfahren eine Forderung des Bundesrates übernommen.

Unbekannter Aufenthalt verhilft zur Drittauskunft

Ist bisher die Einholung einer Drittauskunft nach § 802l ZPO nur zulässig, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder die abgegebene Vermögensauskunft keine hinreichende Befriedigung des Gläubigers erwarten lässt, soll sie zukünftig auch dann zulässig sein, wenn die Abnahme der Vermögensauskunft daran scheitert, dass der Schuldner unbekannten Aufenthaltes ist, d.h. schon die Ladung nicht zugestellt werden kann. Die Nachrangigkeit der Drittauskunft wird in diesen Fällen mithin aufgehoben.

 

Hinweis

Allerdings normiert der Gesetzgeber auch hier wieder hohe Anforderungen. So muss die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmen, die innerhalb der letzten drei Monate vor dem Zustellversuch nach § 755 ZPO ermittelt wurde, oder die Meldebehörde muss innerhalb von drei Monaten vor dem Zustellversuch oder nach dem Zustellversuch mitgeteilt haben, dass ihr die derzeitige Anschrift des Schuldners nicht bekannt ist.

Die gesetzliche Regelung enthält keine dezidierte Bestimmung darüber, welcher Gerichtsvollzieher für die Einholung der Drittauskünfte in diesem Fall zuständig ist. Sachlich ist es allein gerechtfertigt die örtliche Zuständigkeit bei dem Gerichtsvollzieher zu sehen, in dessen Bezirk die letzte Meldeanschrift des Schuldners zu finden ist.

Mehr Auskünfte beim Bundeszentralamt für Steuern

In § 802l Abs. 1 Nr. 2 ZPO wird nunmehr aufgenommen, dass der Gerichtsvollzieher nicht nur die Daten nach § 93b Abs. 1 AO, sondern auch diejenigen nach § 93a Abs. 1a AO abzurufen und dem Gläubiger mitzuteilen hat. Die Auskunft erstreckt sich damit auch auf die Adresse des Schuldners und die Daten nach § 154 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung, mithin die Wirtschafts-Identifikationsnummer oder die geltende Steuernummer. Die weiteren Informationen sollen auch dazu dienen, Identifikationsverwechslungen zu vermeiden. Es bleibt dabei, dass die Angaben für die Zwangsvollstreckung erforderlich sein müssen. Das wird im Hinblick auf die Adresse und Identifikation des Schuldners kaum zu verneinen sein.

Doch keine erleichterten Drittauskünfte!

Nachhaltige Entwertung erfährt die Einholung der Drittauskunft in § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ZPO. Danach kann nur noch der Gläubiger eine Drittauskunft einholen, der das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft eingeleitet hat. Der Gesetzgeber korrigiert damit die Entscheidung des BGH vom 14.1.2021 (I ZB 53/20; vgl. auch schon v. 20.9.2018 – I ZB 120/17, Rn 15). Hier hat der BGH klargestellt, weshalb es sachlich gerechtfertigt ist, dass der Gläubiger nicht selbst gemäß § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO einen eigenen Antrag auf Aufnahme der Vermögensauskunft gestellt haben muss.

 

Hinweis

Die Neuregelung ist ohne sachliche Rechtfertigung. Sie wird in der Gesetzesbegründung auch nicht erläutert, sondern lediglich wiederholt. Es stellt eine völlige Verkennung der Praxis dar, wenn angenommen wird, dass der Schuldner selektiv die Termine zur Abnahme der Vermögensauskunft nicht wahrnimmt. Gibt er für einen Gläubiger die Vermögensauskunft nicht ab, indiziert dies auch die Nichtabgabe für weitere Gläubiger. Er ist insoweit auch nicht schutzwürdig.

Für die Vollstreckungsparteien wird das Vollstreckungsverfahren nun wieder teurer, weil jeder Gläubiger die Abnahme der Vermögensauskunft zunächst beantragen muss. Die Ohnmacht der Gläubiger wird weiter zunehmen und der Gesetzgeber muss sich nicht wundern, dass andere Wege zur Forderungseinziehung gesucht werden. Dass sich die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages mit der abweichenden Rechtsprechung des BGH nicht einmal auseinandersetzt, ist bedauerlich.

Nachweis der mangelnden Befriedigungsaussicht

Eine erhebliche Verteuerung in der Zwangsvollstreckung wird die Klarstellung in § 802l Abs. 1 S. 2 Nr. 3 ZPO herbeiführen. Der die Drittauskunft einholende Gläubiger muss darlegen, dass die von dem Schuldner abgegebene Vermögensauskunft – gleich ob für ihn oder einem Dritten – jedenfalls ihm keine vollständige Befriedigung bei der Vollstreckung in die dort aufgeführten Vermögensgegenstände verspricht.

 

Hinweis

Dies bedeutet, dass der Gläubiger stets über die bereits abgegebene Vermögensauskunft verfügen muss. Selbst wenn ihm also bekannt ist, dass die Vermögensauskunft schon bei einer sehr geringen Forderung eines anderen Gläubigers keine Befriedigung versprochen hat, muss er als Gläubiger einer sehr hohen Forderung das abgegebene Vermögen...

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