In der Sache ist ohne jeden Zweifel richtig entschieden
Dass Kontoführungsgebühren nicht erstattungsfähig sind, ist in der seriösen Inkassobranche spätestens seit 2013 keine Frage mehr und wird auch soweit zu ersehen nicht mehr praktiziert. Schon zuvor waren die Kontoführungsgebühren mehr als umstritten. Weder § 670 BGB noch die Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV RVG gaben zuvor einen Anspruch darauf. Das hatten Inkassodienstleister – als Vertreter des Gläubigers – auch schon vor 2013 nach § 254 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen. § 4 Abs. 5 RDGEG war und ist nur ein besonderer berufsrechtlicher Ausdruck der allgemeinen Schadensminderungspflicht.
Unberührt bleiben von der jetzigen Entscheidung gleichwohl bereits vor 2013 begründete Forderungen – die, soweit sie heute noch nicht tituliert sind, vielfach auch schon verjährt sein dürften – und zuvor bereits titulierte Kontoführungsgebühren.
Zivilgerichtlich würde sich in der Sache nichts anderes ergeben. Die hier betroffene Inkassodienstleisterin setzt erkennbar auch nicht darauf, dass Zivilgerichte abweichend entscheiden, sondern dass einzelne Schuldner die Zivilgerichte nicht anrufen. Ziel des aufsichtsrechtlichen Einschreitens ist es aber gerade, solche Lücken im Rechtsschutz zu schließen. Andere Mittel sind die Möglichkeiten der Verbraucherzentralen nach dem UKlaG und die Musterfeststellungsklage. Bald wird auch noch die ins nationale Recht umzusetzende EU-Sammelklage das Rechtsschutzsystem ergänzen.
Hinweis
Das Verwaltungsgericht hat nicht näher problematisiert und übergeht die Frage, welchen Rechtscharakter § 4 Abs. 5 RDGEG hat und wer formell und materiell Adressat der Vorschrift ist. Er begrenzt den Erstattungsanspruch, der materiell-rechtlich aber dem Gläubiger und nicht dem Inkassodienstleister als Vertreter zusteht. Zivilrechtlich ist das keine Problem, weil hier der Gläubiger – wiederum nur vertreten durch den Inkassodienstleister – den Anspruch geltend macht. Berufsrechtlich ist es dem Inkassodienstleister nur verboten, eine darüber hinausgehende Forderung aus dem Innenverhältnis im Erstattungsverhältnis geltend zu machen. Diese Berufspflicht setzt die Auflage durch.
Vergütungs- und Erstattungsverhältnis unterscheiden
Nicht sauber differenziert das Verwaltungsgericht zwischen dem Vergütungs- und dem Erstattungsverhältnis. Die Auflagen können nur das Erstattungsverhältnis betreffen, weil nur insoweit der Regelungsbereich von § 4 Abs. 5 RDGEG greift, auf den sich die Aufsichtsbehörde bezieht. Welche Vergütung der Inkassodienstleister mit seinem Auftraggeber vereinbart, ist gesetzlich nicht geregelt. Die Vertragsparteien sind im Vergütungsverhältnis frei. Schranken setzen hier nur § 138 BGB sowie – bei Inkassoverträgen in Form allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) – § 307 ff. BGB. Nur im Erstattungsverhältnis greifen die allgemeine Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB und die berufsrechtliche Schranke des § 4 Abs. 5 RDGEG.
Die Entscheidung wirft einen Blick in die Zukunft
Die politische Forderung, die Aufsicht stärker zu aktivieren, steht nicht mehr nur im Raum. Ihr wurde mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht ab dem 1.10.2021 auch normativer Ausdruck verliehen. Dann darf die Berufsaufsicht nicht nur Verstöße "nach diesem Gesetz", nämlich dem RDG, verfolgen, sondern auch alle Verstöße gegen sonstige berufsrechtliche Regelungen. Das zielt insbesondere auf die §§ 3–7 UWG. Es wird abzuwarten bleiben, wie die Aufsichtsbehörden diesen Spielraum nutzen. Dabei wäre eine zentrale Inkassoaufsicht hilfreich, weil es bei unterschiedlichen Maßstäben ansonsten tatsächlich zu Ungleichbehandlungen und Verwerfungen im Wettbewerb kommen kann.
FoVo 4/2021, S. 74 - 80