Bei Vergleichen die wirtschaftliche Situation sehen

Ein altes Sprichwort sagt, dass der Spatz in der Hand besser sei als die Taube auf dem Dach. Auch für Gläubiger ist diese Weisheit von Nutzen. Der beste Titel hilft nichts, wenn der Schuldner darauf nicht zahlt und auch zwangsweise keine Befriedigung zu erlangen ist. Helfen können hier Ratenzahlungs- oder Abfindungsvergleiche. Dabei sollten nicht nur die eigentlichen Zahlungsmodalitäten geregelt werden (dazu Goebel, FoVo 2019, 61 – in diesem Heft), sondern auch ein gewisser Druck durch eine Verfallsklausel aufgebaut werden. Nachfolgend bietet die FoVo als Arbeitshilfe verschiedene Formulierungen an.

 

Hinweis

Zu beachten ist, dass immer der konkrete Einzelfall zu betrachten und zu regeln ist. Insoweit können die Formulierungshilfen immer nur Ausgangspunkt für eine eigenständige Fassung eines Vergleiches sein.

 

Formulierungsbeispiel 1: Abfindungsvergleich mit Verfallsklausel

Der Beklagte verpflichtet sich, bis zum … an den Kläger 10.000 EUR zuzüglich Zinsen von … % (tatsächlicher Zinsschaden über dem gesetzlichen Zins), mindestens 5 (9) Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem … (Verzugseintritt), zu zahlen.

Kommt der Beklagte mehr als drei Geschäftstage mit der Zahlung des Abfindungsbetrages nach Ziffer 1 in Verzug, wird die ursprüngliche Klageforderung von … EUR sofort fällig.

Die Kosten des Verfahrens (1. und … Instanz) und dieses Vergleiches trägt der Beklagte. Die Parteien sind sich einig, dass für diesen Vergleich die Einigungsgebühr anfällt und vom Beklagten aus einem Gegenstandswert von … EUR (Hauptforderung, über die sich verglichen wurde) zu erstatten ist. § 31b RVG kommt nicht zur Anwendung.

 

Formulierungsbeispiel 2: Abfindungsvergleich mit Ratenzahlung und Verfallsklausel

Der Beklagte verpflichtet sich, bis zum … an den Kläger 10.000 EUR zuzüglich Zinsen von … % (tatsächlicher Zinsschaden über dem gesetzlichen Zins), mindestens 5 (9) Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem … (Verzugseintritt), zu zahlen.

Dem Beklagten wird nachgelassen, den in Ziffer 1. vereinbarten Abfindungsvergleich in monatlichen Raten von … EUR, beginnend mit dem … und zahlbar jeweils bis zum dritten Werktag eines jeden Monats (Eingang beim Kläger), zu zahlen.

Kommt der Beklagte mehr als drei Geschäftstage mit der Zahlung einer Rate nach Ziffer 2 in Verzug, wird die ursprüngliche Klageforderung von … EUR abzüglich der bis dahin geleisteten Zahlungen sofort fällig.

Die Kosten des Verfahrens (1. und … Instanz) und dieses Vergleiches trägt der Beklagte. Die Parteien sind sich einig, dass für diesen Vergleich die Einigungsgebühr anfällt und vom Beklagten aus einem Gegenstandswert von … EUR (Hauptforderung, über die sich verglichen wurde) zu erstatten ist. § 31b RVG kommt nicht zur Anwendung.

Sie sollten gleichzeitig auch noch an weitere Regelungen denken, die die Durchsetzung des nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Vergleichswege titulierten Anspruches erleichtern:

Checkliste Prozessvergleich

In einem Prozessvergleich ist an folgende weitere Regelungen zu denken:

eine verjährungsverlängernde Regelung im Hinblick auf § 197 Abs. 2 BGB,
Auskunftsverpflichtungen bei der Änderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse,
Verhandlungsverpflichtungen über die Ratenhöhe bei längerfristigen Ratenzahlungsvereinbarungen in Abhängigkeit von einer konkreten Frist (nach sechs Monaten oder einem Jahr) oder der Änderung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse,
eine regelmäßige Selbstauskunftspflicht,
Abtretungen der Lohn- und Gehaltsansprüche sowie des Guthabens auf den Konten,
ggfs. die Entbindung verschiedener Auskunftsstellen (Kreditinstitute, Rentenversicherungsträger, Einzugsstelle der Sozialversicherungsträger) von der Schweigepflicht,
ggfs. das Anerkenntnis, dass die – individuell zu beschreibende – Forderung (auch) aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung stammt.

Keine unangemessene Benachteiligung

Die vorstehenden Regelungen benachteiligen den Schuldner nicht unangemessen. Es ist nämlich zu sehen, dass der Gläubiger auf die mögliche unmittelbare Realisierung der Forderung im Wege der Zwangsvollstreckung und die damit verbundene Sicherung durch Pfändungsrechte verzichtet. Der Gläubiger hat also ein berechtigtes Sicherungsbedürfnis. Der Schuldner erhält neben dem Zurückstehen in der Durchsetzung auch noch den darin begründeten Kostenvorteil. Die Zwangsvollstreckung würde nämlich erhebliche weitere Kosten – auch der Vollstreckungsorgane – verursachen.

Autor: VRiOLG Frank-Michael Goebel

FoVo 4/2019, S. 65 - 66

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