Vollstreckbarkeit mit Wirksamwerden der Entscheidung

Die Vollstreckbarkeit eines Titels besteht mit dem Wirksamwerden, §§ 86 Abs. 2, 120 Abs. 2 FamFG. Mit dem Wirksamwerden entfaltet ein Beschluss diejenigen Wirkungen, die ihm nach materiellem Recht oder Verfahrensrecht zukommen, die herbeizuführen er geeignet oder bestimmt ist (BGH NJW 1955, 503 f.)

Wirksamwerden mit Bekanntgabe

Wirksam wird ein Beschluss nach § 40 Abs. 1 FamFG mit der Bekanntgabe an den Beteiligten, für den der Beschluss seinem wesentlichen Inhalt nach bestimmt ist. Die Bekanntgabe ist in § 15 FamFG geregelt. Sie erfolgt entweder durch Zustellung nach den §§ 166195 ZPO oder durch Aufgabe des Schriftstücks unter der Anschrift des Adressaten zur Post, § 15 Abs. 2 S. 1 FamFG.

 
Hinweis

Soll die Bekanntgabe im Inland bewirkt werden, gilt das Schriftstück drei Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, wenn nicht der Beteiligte glaubhaft macht, dass ihm das Schriftstück nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, § 15 Abs. 2 S. 3 FamFG. Mit dieser Regelung ist sichergestellt, dass Entscheidungen schnell wirksam werden und eine rasche Vollstreckung möglich ist (Gottwald, in: Bassenge/Roth, FamFG/RPflG, 12. Aufl. 2009, § 86 Rn 6). Die Wirksamkeit fällt zwar zeitlich mit der Vollstreckbarkeit eines Beschlusses zusammen; die Vollstreckbarkeit ist jedoch eigenständig geregelt und setzt die Wirksamkeit eines Beschlusses voraus (Schulte-Bunert/Weinreich, Kommentar FamFG, 2009, § 40 Rn 40).

Wirksamwerden mit Zustellung

In Ehe- und Familienstreitsachen sind Beschlüsse nach § 113 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften der ZPO für die Verfahren vor den Landgerichten zu verkünden und zuzustellen. Mit Zustellung werden sie dann wirksam.

Wirksamwerden mit Rechtskraft oder sofort

Endentscheidungen in Ehesachen werden mit Rechtskraft wirksam, § 116 Abs. 2 FamFG. Endentscheidungen in Familienstreitsachen werden ebenfalls mit Rechtskraft wirksam, § 116 Abs. 3 S. 1 FamFG, wobei das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen kann, § 116 Abs. 3 S. 2 FamFG.

 
Hinweis

Wird mit einer Endentscheidung die Verpflichtung zur Leistung von Unterhalt beschlossen, soll das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen. Mit dieser Regelung wird der existentiellen Bedeutung des Unterhalts zur Deckung des Lebensbedarfs Rechnung getragen. Die Vorschrift ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet; dies ermöglicht dem Gericht einen Ermessensspielraum. Sofern z.B. Unterhaltsrückstände tituliert sind, ist denkbar, dass das Gericht die sofortige Wirksamkeit bezüglich der Rückstände nicht anordnet, sondern nur bezüglich der laufenden Unterhaltszahlungen.

Sonderregelung: Genehmigung eines Rechtsgeschäfts

Ein Beschluss, der die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand hat, wird erst mit Rechtskraft wirksam, § 40 Abs. 2 FamFG. Beschlüsse, die die Ermächtigung oder Zustimmung eines anderen zu einem Rechtsgeschäft ersetzen, die Beschränkung oder Ausschließung der Berechtigung zum Abschluss eines Geschäfts mit Wirkung für den anderen Ehegatten oder Lebenspartner haben, werden zwar auch erst mit Rechtskraft wirksam; hier kann das Gericht jedoch bei Gefahr in Verzug die sofortige Wirksamkeit anordnen, § 40 Abs. 3 FamFG. Hier gilt jedoch dann, dass der Beschluss mit der Bekanntgabe an den Antragsteller wirksam wird, § 40 Abs. 3 S. 3 FamFG.

Wirksamwerden bei ­Ehewohnungssachen

Auch die Endentscheidung in Ehewohnungs- und Haushaltssachen wird mit Rechtskraft wirksam. Ausnahme: Ehewohnungssachen nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG (Zuweisung einer Ehewohnung nach § 1361b BGB bei Getrenntleben). Hier soll das Gericht die sofortige Wirksamkeit anordnen, § 209 Abs. 2 S. 2 FamFG. Das Gericht kann mit dieser Anordnung der sofortigen Wirksamkeit auch die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner anordnen, § 209 Abs. 3 S. 1 FamFG.

Wirksamwerden bei Gewaltschutzsachen

Auch die Entscheidungen in Gewaltschutzsachen werden mit Rechtskraft wirksam, § 216 Abs. 1 FamFG. Das Gericht soll auch hier die sofortige Wirksamkeit anordnen. Mit der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit kann das Gericht auch die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner anordnen, § 216 Abs. 2 S. 2 FamFG. Entscheidet das Gericht derart, tritt die Wirksamkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem die Entscheidung der Geschäftsstelle des Gerichts zur Bekanntmachung übergeben wird; dieser Zeitpunkt ist auf der Entscheidung zu vermerken, § 216 Abs. 2 S. 2 FamFG.

 
Praxis-Tipp

Soweit das Gericht das sofortige Wirksamwerden anordnen kann, handelt es sich zwar um eine Entscheidung allein im Ermessen des Gerichtes. Dies verbietet aber nicht, eine entsprechende Anregung durch Stellung eines darauf zielenden "Antrages" zu geben.

Wirksamkeit mit Rechtskraft in weiteren Fällen

Über die oben genannte Fälle hinaus regelt das FamFG auch an weiteren Stellen die Wirksamkeit eines Beschlusses erst mit der Rechtskraft, so z. B.

für Endentscheidungen in Abstammungssachen, § 184 Abs. 1 FamFG,
für B...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge