Leitsatz

Die Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, hemmt die Verjährung nicht, wenn eine genaue Aufschlüsselung der Einzelforderungen unterblieben ist und die Individualisierung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im anschließenden Streitverfahren nachgeholt wird.

BGH, 21.10.2008 – XI ZR 466/07

1 Der Fall

Mahnbescheid über zusammengefassten Teilbetrag

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung zweier Darlehen mit zwei unterschiedlichen Kontennummern. Die Klägerin hat vor Ablauf der Verjährungsfrist gegen die Beklagte den Erlass eines Mahnbescheides über einen Teilbetrag dieser Forderungen beantragt. In dem Mahnbescheidsantrag ist der Anspruch mit "Darlehensrückzahlung gem. fällige Forderung gemäß Kündigung 134690/04/0/1 vom 10.12.1999 bis 2.11.2004" bezeichnet gewesen.

Nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid und Abgabe an das Streitgericht hat die Beklagte dort die Einrede der Verjährung erhoben.

2 Die Entscheidung

Keine Verjährungshemmung bei fehlender Individualisierung der Teilbeträge

Die Verjährung des mahngerichtlich geltend gemachten Zahlungsanspruchs ist nicht durch die Zustellung des Mahnbescheids gehemmt worden, da die Rückzahlungsansprüche in dem Mahnbescheidsantrag im Hinblick auf den geltend gemachten Teilbetrag nicht hinreichend individualisiert worden sind und die fehlende Individualisierung auch nicht mehr nach Ablauf der Verjährungsfrist, nämlich im streitigen Verfahren, wirksam nachgeholt werden kann.

Zwar ergibt sich aus dem Mahnbescheidsantrag, dass gegen die Beklagte eine Darlehensforderung geltend gemacht werde. Für die Beklagte ist aber nicht erkennbar gewesen, auf welche Forderung aus den beiden Bankkonten mit den unterschiedlichen Endziffern und in welcher Höhe die Klägerin den geltend gemachten Teilbetrag hätte beziehen wollen.

3 Der Praxistipp

Keine Addition der einzelnen Teilbeträge, sondern genaue Bezeichnung der jeweiligen Teilbeträge

Im mahngerichtlichen Verfahren ist bei der Bezeichnung des Anspruchs höchste Sorgfalt geboten, insbesondere wenn mit der Zustellung des Mahnbescheids die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB erfolgen soll. Dies gilt umso mehr, wenn nur Teilbeträge aus verschiedenen Einzelforderungen geltend gemacht werden.

Hilfsmittel: Anlage

Der Antragsgegner muss erkennen können, welcher Betrag aus welcher Einzelforderung beansprucht wird. Sollte der im Mahnbescheidsantrag vorgegebene Bereich hierfür nicht ausreichen, ist eine entsprechende Anlage beizufügen.

Hilfsmittel: Bezugnahme auf zuvor zugestelltes Schreiben

Da seit dem 1.12.2008 Inkassounternehmen und Rechtsanwälte den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nicht mehr in Papierform stellen dürfen, kann daran gedacht werden, dem Antragsgegner zuvor eine entsprechende Zahlungsaufforderung zukommen zu lassen. Auf dieses Schreiben kann dann in dem Mahnbescheidsantrag zur Bezeichnung des Anspruchs Bezug genommen werden. Insofern muss jedoch sichergestellt werden, dass der Gegenseite diese Zahlungsaufforderung nachweisbar zugestellt worden ist. Sicherheitshalber sollte ein Gerichtsvollzieher mit der Zustellung beauftragt werden.

In jedem Fall muss beachtet werden, dass bei der Geltendmachung eines Teilbetrages auch nur insoweit die Verjährung durch den Mahnbescheidsantrag unterbrochen werden kann.

 

Muster: Klare Bezeichnung der Teilbeträge

„… Wie Sie wissen, schulden Sie unserer Partei aus folgenden Rechnungen folgende Beträge:

 
Rechnungsnummer Rechnungsdatum Rechnungsbetrag
123456 03.01.2009 250,00 EUR

Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht sowie ohne präjudizielle Wirkung verlangen wir zunächst die Zahlung folgender Teilbeträge aus folgenden Rechnungen:

 
Rechnungsnummer Rechnungsdatum Rechnungsbetrag Teilbetrag
123456 03.01.2009 250,00 EUR 125,00 EUR

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