Schon Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis

Die Antragsgegnerin hat bislang weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen, dass eine Kontaktaufnahme mit den Sachverständigen erfolgt ist und dass seitens der Sachverständigen eine Terminsverlegung aufgrund der geschilderten Umstände abgelehnt worden wäre. Es ist vor allem nicht ersichtlich, warum der Sachverständige wegen einer Terminsverlegung nicht kontaktiert wurde.

Trotzdem hat der Antrag kurzfristig Erfolg

Infolge der Kürze der Zeit – nachdem der Antragstellerin die Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Antrag aufgrund des späten Eingangs des Antrags verwehrt war – musste der Sachverständige angewiesen werden, den Besichtigungstermin vom 9.5.2020 aufzuheben und eine Neuterminierung in Absprache mit den Verfahrensbeteiligten vorzunehmen. Nach der 7. Corona-Verordnung vom 2.5.2020 gelten die angeordneten Beschränkungen noch bis zum 10.5.2020. Daher kommt ein weiteres Hinausschieben des Besichtigungstermines über den 1.6.2020 nicht in Betracht.

Terminsteilnahme ist nicht unmöglich

Eine Teilnahme der Antragsgegnerin an dem angesetzten Ortsbesichtigungstermin wäre – trotz der bundesweit bestehenden Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie – möglich. Ein Reiseverbot ist in der Bundesrepublik Deutschland nicht verhängt worden. Die öffentlichen Verkehrsmittel verkehren planmäßig, ab dem 4.5.2020 auch ohne die Einschränkungen eines "Ferienfahrplanes" wegen der angeordneten kompletten Schulschließungen. Ebenso wäre für die Antragsgegnerin auch eine Übernachtungsmöglichkeit gegeben, da die Anordnung der Landesregierung des Bundeslandes Baden-Württemberg (Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-Cov-2; Corona-Verordnung – CoronaVO) in der Fassung vom 4.5.2020 (7. CoronaVO) in § 4 Abs. 1 Nr. 15 eine Aufnahme in einem Beherbergungsbetrieb zu geschäftlichen, dienstlichen oder zu privaten Zwecken gestattet. Dies gilt auch für Reisen, die aufgrund gerichtlicher Termine (worunter auch der Sachverständigentermin fällt) stattfinden, da gerichtliche Veranstaltungen gemäß § 3 Abs. 3 der 7. CoronaVO von dem angeordneten Kontaktverbot ausgenommen sind.

Regeln können auch bei einem Ortstermin eingehalten werden

Selbstverständlich sind bei diesen Terminen die gemäß § 3 Abs. 1 der 7. CoronaVO angeordneten Abstandsgebote (von min. 1,5 m) sowie das Tragen einer nicht-medizinischen Alltagsmaske oder einer vergleichbaren Mund-Nasen-Bedeckung zu beachten. Dies hat auch der Sachverständige – schon zu seinem Selbstschutz – zu gewährleisten. Da die Justiz des Landes Baden-Württemberg bereits seit dem 23.4.2020 wieder in den sogenannten Normalbetrieb übergegangen ist, ist auch die Bestimmung eines Besichtigungstermins auf den 12.5.2020 nicht zu beanstanden. Auch sind die bislang bestehenden Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von gastronomischen Betrieben derzeit nur bis zum 10.5.2020 befristet (7. CoronaVO).

Außenbesichtigung ist kein Problem

Eine erhöhte Ansteckungs- insbesondere Infektionsgefahr ist – unter Beachtung der Schutzmaßnahmen (Mindestabstand und Tragen einer Maske) – nicht gegeben. Dieser Sicherheitsabstand ist insbesondere bei der Besichtigung von landwirtschaftlichen Flächen, forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften oder Wiesen- und Bachgrundstücken problemlos einzuhalten. Eine Besichtigung eines Wohngebäudes kann – wenn der Mindestabstand ansonsten nicht gewährleistet werden kann – auch in "Einzelbesichtigungen" mit der Sachverständigen erfolgen.

Ein erhöhtes Ansteckungsrisiko ist nach Überzeugung des Gerichts nicht gegeben. Zwar waren zu Beginn der Corona-Pandemie Anfang März 2020 im Hohenlohekreis zwei sogenannte Hotspots gegeben, welche sich in einem Konzert in einer Kirche sowie bei einer Festveranstaltung manifestierten, zwischenzeitlich sind aber die Ansteckungsgefahren minimal, insbesondere da die Besichtigungen weder in einer vollbesetzten Kirche noch bei einer Festveranstaltung stattfinden sollen, sondern auf freiem Felde.

Konkrete Fallzahlen ohne Hochrisiko

Selbst die von dem Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vorgelegten Fallzahlen weisen aus, dass in der Gemeinde B (zu welcher die Gemarkung G gehört) während der bisherigen Pandemie nur 23 Personen und in der Gesamtgemeinde B nur 61 Personen insgesamt infiziert waren und die Neuinfektionen in den letzten Tagen bei null lagen.

Die Situation wird sich nicht ändern …

Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass sie Befürchtungen hinsichtlich eines Ansteckungsrisikos habe, wird dies auch weiterhin für das gesamte Jahr 2020 sowie für das Jahr 2021 der Fall sein. Solange nicht ein Impfstoff entwickelt ist, besteht jederzeit ein Ansteckungsrisiko, und zwar nicht nur für die Antragsgegnerin, sondern für die gesamte Bevölkerung.

… was aber nicht zum Stillstand der Rechtspflege führen kann

Dies allein rechtfertigt aber nicht, gerichtliche Verfahren bis in eine Zeit nach Ende der Corona-Pandemie auszusetzen. Die Antragsgegnerin hat daher Vorkehrungen zu treffen, wen...

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