Entscheidung ohne Begründung

Die Entscheidung ist nur sehr knapp begründet. Dass der Vermieter etwas anderes angekündigt hat als er dann tatsächlich tut, rechtfertigt für sich aber keine Einstellung der Zwangsvollstreckung. Auch ist die Ansicht des Vermieters und Gläubigers letztlich unerheblich. Entscheidend ist auf der ersten Stufe, ob dem Einwand der Verwirkung eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden kann. Auf der zweiten Stufe sind dann die wechselseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen.

Es ist nicht zu sehen, ob der Gläubiger auf eine solche Form der abwägenden Entscheidung gedrängt und die maßgeblichen Argumente für sich vorgetragen hat. Dies muss jedenfalls vom Gläubiger oder seinem Rechtsanwalt verlangt werden.

Voraussetzungen der Verwirkung sind vom BGH definiert

Der BGH hat im Urt. v. 19.10.2005 (XII ZR 224/03, Rn 22, zitiert nach juris) zu den Voraussetzungen des Verwirkungseinwandes ausgeführt: "Der Rechtsgedanke der Verwirkung, der auch im Miet- und Pachtrecht gilt, ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung aufgrund widersprüchlichen Verhaltens (BGH Urt. v. 29.2.1984 – VIII ZR 310/82, NJW 1984, 1684; Gramlich, in: Bub/Treier a.a.O. Kap. VI Rn 101; Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl. 2017, § 548 Rn 64). Danach ist ein Recht verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Senatsurteile BGHZ 84, 280, 281; BGHZ 105, 290, 298; BGH, Urt. v. 14.11.2002 – VII ZR 23/02, NJW 2003, 824; MüKo/Roth, 4. Aufl., § 242 BGB Rn 464 m.w.N.)." Danach kommen ein Zeitmoment und ein Umstandsmoment als Teil eines Vertrauenstatbestandes in Frage.

Der Fehler: Untätigkeit

Versucht der Gläubiger seinen titulierten Räumungsanspruch durchzusetzen, kommt danach eine Verwirkung nicht in Betracht, unabhängig von der Frage, wie lange er sich bemüht. Er schafft dann schlicht keinen Vertrauenstatbestand. Problematisch sind die Fälle, in denen der Gläubiger untätig bleibt, weil der Mieter und Schuldner nicht freiwillig auszieht, nunmehr aber – über einen längeren Zeitraum – die Miete wieder entsprechend dem ursprünglichen Vertrag freiwillig, vollständig und rechtzeitig zahlt. Nimmt der Vermieter dies hin, kann dies als konkludente Neubegründung eines Mietverhältnisses angesehen werden.

Was kann der Gläubiger tun?

Ist von einer Neubegründung des Mietverhältnisses auszugehen, muss tatsächlich – wie hier zunächst angedroht – eine erneute Kündigung ausgesprochen und dann Räumungsklage erhoben werden. Das kostet Zeit und vor allem auch erneut Geld, von dem der Gläubiger nicht weiß, ob er seinen Erstattungsanspruch realisieren kann. Vor diesem Hintergrund sollte er mit dem Mieter eine klare Vereinbarung treffen, nachdem die Vollstreckung des titulierten Räumungsanspruchs ausdrücklich nur im beiderseitigen Einvernehmen gehemmt wird, solange der Mieter seinen Verpflichtungen hinsichtlich Miete, Nebenkosten und sonstigen Pflichten aus dem Mietvertrag (Schönheitsreparaturen etc.) nachkommt (vgl. insoweit in einem Prozessvergleich LG Berlin ZMR 2014, 589). Auf dieser Grundlage mag zwar ein Zeitmoment vorliegen, aber es fehlt für die Verwirkung dann am Umstandsmoment. Das kann aus Sicht des Gläubigers noch verstärkt werden, wenn er einmal jährlich auf die Vereinbarung hinweist.

FoVo 1/2020, S. 19 - 20

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