LG sieht gütliche Erledigung nicht als eigene Angelegenheit

Das LG hat angenommen, eine 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG stehe der Gläubigerin weder für den Antrag auf gütliche Erledigung noch für den Auftrag zu, Drittauskünfte einzuholen. Die gütliche Einigung diene allein der Vollstreckung aus dem Titel, stehe in engem innerem Zusammenhang mit der folgenden Zwangsvollstreckung und stelle keine besondere Angelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 RVG dar. Auch die Einholung von Drittauskünften sei gebührenrechtlich keine besondere Angelegenheit.

BGH sieht Gebühr für Drittauskunft, nicht aber für die (kombinierte) gütliche Erledigung

Die vom LG zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). In der Sache hat sie teilweise Erfolg. Das LG hat zwar zutreffend angenommen, der Gläubigerin stehe keine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG für den im Rahmen ihres Vollstreckungsauftrags gestellten Antrag auf gütliche Einigung zu. Die Gläubigerin kann aber entgegen der Ansicht des LG eine solche Gebühr für ihren Antrag auf Einholung von Drittauskünften nach § 802l ZPO verlangen. Für den im Rahmen eines umfassenderen Vollstreckungsauftrags dem Gerichtsvollzieher erteilten Auftrag, auf eine gütliche Einigung mit dem Schuldner hinzuwirken, steht dem Rechtsanwalt keine besondere 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG zu.

Grundsätze der Gebührenbemessung

Die Höhe der Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten bestimmt sich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gemäß Nr. 3309 VV RVG beträgt die Gebühr für die Zwangsvollstreckung 0,3. Diese Gebühr entgilt nach § 15 Abs. 1 RVG die gesamte anwaltliche Tätigkeit vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG stellt jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers eine besondere Angelegenheit dar.

Zwei Wege führen zur gütlichen Erledigung

Gemäß § 802b Abs. 1 ZPO soll der GV in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Erledigung bedacht sein. Nach § 802a Abs. 2 Satz 2 und Satz 1 Nr. 1 ZPO ist der Gerichtsvollzieher bereits durch den Vollstreckungsauftrag befugt, die gütliche Erledigung zu versuchen. Allerdings ist es dem Gläubiger möglich, seinen Vollstreckungsauftrag auf einen Einigungsversuch zu beschränken.

Isolierte Beauftragung begründet Vergütungsanspruch

Nach der Rechtsprechung des BGH fällt eine besondere 0,3-Verfahrensgebühr für den Versuch einer gütlichen Erledigung jedenfalls dann an, wenn sie gesondert, das heißt als isolierte Vollstreckungsmaßnahme in einem gesonderten Vollstreckungsauftrag, beantragt wird (BGH FoVo 2018, 227 – Gebühr für Drittauskunft). In einem solchen Fall liegt gebührenrechtlich eine besondere Angelegenheit vor. Hingegen ist die Frage, ob diese Gebühr auch dann anfällt, wenn die Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO nicht isoliert, sondern kombiniert mit anderen Vollstreckungsmaßnahmen wie der Einholung einer Vermögensauskunft oder der Pfändung und Verwertung körperlicher Sachen beantragt wird, bisher in der Rechtsprechung nicht entschieden. Sie ist im Schrifttum umstritten.

Streitfrage bei kombiniertem Antrag

Nach einer Ansicht stellt der Auftrag, eine gütliche Erledigung der Sache zu versuchen, gebührenrechtlich stets eine besondere Angelegenheit dar (Zöller/Seibel, ZPO, 32. Aufl., § 802b Rn 23; Goebel, FoVo 2013, 1, 3; Hergenröder, DGVZ 2014, 109, 115; Goebel/Wagener-Neef, Anwaltsgebühren im Forderungseinzug, § 6 Rn 45 f.). Nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 802b Abs. 1 ZPO gelte die gütliche Erledigung als eigene Vollstreckungsmaßnahme und damit als besondere Angelegenheit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Die gütliche Erledigung nach § 802b Abs. 1 ZPO sei auch nicht lediglich eine vorbereitende Vollstreckungshandlung, sondern gerade der Versuch, die Vollstreckung durch eine vom vollständigen Forderungsausgleich abweichende Verfahrensweise abzuwenden. Erteile der Anwalt dem Gerichtsvollzieher den Auftrag, zunächst eine isolierte gütliche Einigung nach § 802b Abs. 1 ZPO zu versuchen, jedoch im Falle von deren Scheitern eine Pfändung vorzunehmen oder eine Vermögensauskunft einzuholen, handele es sich letztlich um zwei Aufträge an den GV. Dabei werde der zweite nur bedingt erteilt, weil er davon abhängig gemacht werde, dass die gütliche Erledigung scheitere.

BGH betont den engen Zusammenhang mit der Vollstreckungsmaßnahme

Nach der Gegenansicht kommt bei kombinierten, also nicht allein auf den Versuch einer gütlichen Erledigung beschränkten Vollstreckungsaufträgen eine gesonderte 0,3-Verfahrensgebühr für den darin enthaltenen Auftrag zur gütliche Erledigung nicht in Betracht (Enders, JurBüro 2012, 633, 636; Volpert, RVGreport 2013, 375, 377). Zwar werde die 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG bereits durch den Auftrag zur gütlichen Erledigung ausgelöst; dieser Erledigungsve...

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