Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer: Festsetzungsverjährung bei Ermittlungen der Steuerfahndung nach einer Außenprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

Gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO in Verb. mit §§ 13 Abs. 1, 18 Abs. 3 UStG beginnt die Festsetzungsfrist für Umsatzsteuer, wenn eine Steuererklärung oder Steueranmeldung einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist.

Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer 1982 beginnt mit Ablauf des 31. 12. 1982. Der Anlauf dieser Frist wird jedoch bis zum 31. 12. 1985 gehemmt, sofern keine Umsatzsteuererklärung eingereicht wurde. Die Festsetzungsfrist beträgt grundsätzlich vier Jahre, bei Steuerhinterziehung zehn Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

Nehmen die Dienststellen der Steuerfahndung Ermittlungen auf, so läuft die Festsetzungsfrist insoweit nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 5 Satz 1 AO).

 

Normenkette

AO § 169 Abs. 2 J: 1977, Abs. 2 S. 2 2. HS, § 170 Abs. 2, § 171 Abs. 5 S. 1, § 173 Abs. 2 S. 1; UStG § 13 Abs. 1, § 18 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Änderungsbescheid vom 22. 10. 1998 wegen Umsatzsteuer 1982 die Verjährung entgegensteht.

Der Kläger ist als Inhaber eines Kfz-Handels mit Reparaturwerkstatt in ... unternehmerisch tätig. In 1983 wurde bei ihm die erste Fahndungsprüfung durchgeführt, die sich auf die Jahre 1975 bis 1982 erstreckte (Bericht vom 4. 8. 1983). Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 12. 9. 1985 wurde der Kläger zu einer Geldstrafe von 35.000 DM verurteilt.

Im Frühjahr 1994 wurde die Repräsentanz der ... in ... von der Kripo durchsucht. Dabei wurde aufgedeckt, daß der Kläger am 10. 8. 1993 von dieser Firma internationale DM-Anleihen in Höhe von 1.052.961 DM gegen Barzahlung erworben hatte.

Mit Schreiben vom 16. 9. 1994 erstattete der Kläger Selbstanzeige für die Kalenderjahre 1982 bis 1993. Da die Angaben in der Selbstanzeige aus verschiedenen Gründen nicht glaubhaft bzw. unvollständig waren, wurde bei dem Kläger vom 31. 7. 1995 bis 7. 5. 1998 erneut eine Fahndungsprüfung durchgeführt, die sich auf die Jahre 1982 bis 1994 erstreckte (Bericht vom 3. 9. 1998). Für den gesamten Prüfungszeitraum wurden in großem Umfang nicht gebuchte Kfz-An- und Verkäufe sowie nicht gebuchte Materialeinkäufe und Reparaturumsätze ermittelt. Verprobungen des Fahnders ergaben erhebliche Fehlbeträge. Außerdem wurde festgestellt, daß der Kläger am 20. 7. 1982 bei der ... ein Sparkonto mit der ... eröffnet und in bar am 20. 7. 1982 800.000 DM und am 26. 10. 1982 150.000 DM eingezahlt hat. Der Prüfer ging davon aus, daß von den 950.000 DM entsprechend den ungeklärten Abhebungen von anderen Konten des Klägers ein Betrag in Höhe von 250.000 DM (brutto) aus unversteuerten Umsätzen (Agenturverkäufen) des Klägers aus 1982 stammt (Tz. 4.11 und 8.02 des Berichts).

Mit nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO geändertem Bescheid vom 22. 10. 1998 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer 1982 auf 58.776 DM fest. Der Kläger legte erfolglos Einspruch ein.

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid vom 22. 10. 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 4. 6. 1999 ersatzlos aufzuheben. Er regt an, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Zur Begründung trägt er vor: Der neuerliche Änderungsbescheid vom 22. 10. 1998 sei rechtswidrig, weil die Festsetzungsfrist (von 10 Jahren) gemäß § 169 Abs. 1 S. 1 AO bei Erlaß des Bescheids bereits abgelaufen gewesen sei. Nach § 170 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 AO hänge der Beginn der Festsetzungsfrist davon ab, ob er verpflichtet gewesen sei, für 1982 eine Umsatzsteuererklärung abzugeben, sowie ob und wann er diese Erklärung abgegeben habe. Die Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung ergebe sich aus § 149 Abs. 1 S. 1 AO i. V. m. § 18 Abs. 3 UStG.

Er selbst habe seine Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung 1982 bereits im Jahr 1983 erfüllt. Zwar seien Steuererklärungen gemäß § 150 Abs. 1 S. 1 AO grundsätzlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. Dieser Grundsatz dürfe jedoch nicht isoliert betrachtet, sondern müsse vielmehr entsprechend dem Sinn und Zweck dieser Norm ausgelegt werden. Zweck der Bestimmung sei es, der Finanzverwaltung zu ermöglichen, die Auswertung der angegebenen Daten und deren Eingabe in die elektronische Datenverarbeitung ohne zeit- und personalaufwendige Abänderungen durchführen zu können. Insoweit möge zwar die Erstellung der Besteuerungsgrundlagen 1982 durch den Fahndungsprüfer während der Fahndungsprüfung im Jahr 1983 keine formell ordnungsgemäße Umsatzsteuererklärung 1982 darstellen. Zu berücksichtigen sei jedoch, daß diese Besteuerungsgrundlagen im "Einvernehmen" zwischen ihm und dem Prüfer ermittelt worden seien und somit als Ergebnis gemeinsamer Bemühungen Eingang in den Bericht und in den Umsatzsteuerbescheid vom 29. 8. 1986 ...

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