Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für ein volljähriges behindertes Kind mit eigenen Einkünften Kindergeld beansprucht werden kann.

Zum Haushalt der verwitweten Klägerin gehört ihr … 1956 geborener Sohn … der schwerbehindert ist. Der Grad der Erwerbsminderung trägt nach dem Schwerbehindertenausweis 100 %. Der Schwerbehindertenausweis enthält weiter die Eintragung der Merkzeichen G, aG und H. Für seine Tätigkeit in einer Behindertenwerkstatt, die er seit 1974 ausübt, erhält er seit 15.03.1997 einen monatlichen Arbeitslohn in Höhe von 205 DM. Daneben bezieht er eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die sich in der Zeit vom 01.01.–30.06.1997 auf monatlich 1.401,36 DM und in der Zeit vom 01.07.–31.12.1997 auf monatlich 1.424,48 DM belaufen hat. Davon wurden die Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung (105,80 DM bzw. 109,68 DM) abgezogen und die Restbeträge (1.295,56 DM bzw. 1.314,80 DM) ausgezahlt. Zusätzlich erhält der Sohn von der AOK-Pflegekasse ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 400 DM. Über eigenes Vermögen verfügt er nicht.

Die Klägerin beantragte am 16.07.1997 bei der Familienkasse des Arbeitsamtes … Kindergeld für ihren Sohn. … Die Familienkasse lehnte im Hinblick auf die eigenen Einkünfte und Bezüge des Sohnes in Höhe von 18.552,92 DM die Gewährung von Kindergeld im Bescheid vom 29.10.1997 ab.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 21.01.1998 ging die Familienkasse von folgenden Einkünften und Bezügen des Sohnes aus:

Arbeitslohn 205 DM × 13 =

2.665,00 DM

./. Arbeitnehmer-Pauschbetrag

2.000,00 DM

665,00 DM

665,00 DM

Bezüge Renten einschließlich der Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Kranken- und Pflegeversicherung

1.507,16 DM × 6 =

9.042,96 DM

1.534,16 DM × 6 =

9.204,96 DM

./. Werbungskostenpauschale

200,00 DM

./. Kostenpauschale

360,00 DM

17.687,92 DM

17.687,92 DM

Summe der Einkünfte

18.352,92 DM

Mit der Klage beantragt die Klägerin, den Ablehnungsbescheid vom 29.10.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 21.01.1998 aufzuheben und die Familienkasse des Arbeitsamtes … zu verpflichten, für ihren behinderten Sohn Kindergeld in Höhe von monatlich 220 DM ab Januar 1997 zu gewähren.

Zur Begründung trägt sie im wesentlichen folgendes vor:

Bei der Berechnung der Einkünfte ihres Sohnes sei zusätzlich der Behinderten-Pauschbetrag in Höhe von 7.200 DM abzuziehen. Durch die Zahlung des Pflegegeldes sei ein behinderungsbedingter Mehrbedarf nicht abgegolten. Nach § 3 Sozialgesetzbuch –SGB– XI solle die Pflegeversicherung mit ihren Leistungen vorrangig die häusliche Pflege und die Pflegebereitschaft der Angehörigen und Nachbarn unterstützen, damit die Pflegebedürftigen möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben könnten. Daraus folge, daß das von der Pflegekasse gezahlte Pflegegeld den Pflegepersonen zugedacht sei, die durch ihre häusliche Pflege die sehr viel teurere stationäre Pflege verhinderten. Wenn die pflegende Person das ihr zugedachte Pflegegeld für den behinderungsbedingten Mehrbedarf des zu Pflegenden einsetzen müsse, könne die Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft nicht unterstützt werden. Vielmehr werde sich die pflegende Person um den verdienten Lohn für geleistete Pflege betrogen sehen. Die Anrechnung des Pflegegeldes zur Abdeckung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs sei daher mit § 3 SGB XI nicht zu vereinbaren.

Die Familienkasse des Arbeitsamtes beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung folgendes vor:

Die Leistungen aus der Pflegeversicherung zählten nicht zu den Bezügen, die bei der Frage zu berücksichtigen seien, ob die Anrechnungsgrenze von 12.000 DM/jährlich überschritten werde. Sie seien aber zu berücksichtigen, sofern geltend und glaubhaft gemacht werde, daß der Unterhaltsbedarf des Kindes höher als der Betrag von 12.000 DM sei. Nur für diesen Fall ständen sie gleichsam zur Kompensierung eines entsprechenden behinderungsbedingten Mehrbedarfs zur Verfügung. Daher könne die Anrechnungsgrenze von 12.000 DM nicht um den maßgeblichen Behinderten-Pauschbetrag nach § 33 b EStG erhöht werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Familienkasse hat den Antrag der Klägerin auf Zahlung von Kindergeld für den Sohn … zu Recht abgelehnt.

1. Anspruch auf Kindergeld besteht u. a. für Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG (§§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Dabei gilt § 32 Absätze 35 EStG entsprechend (§ 63 Abs. 1 Satz 2 EStG 1997). Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird danach berücksichtigt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Der Begriff „außerstande sein, sich selbst zu unterhalten” entspricht insoweit dem Wortlaut des § 1602 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB–, mithin der Bedürftigkeitsregelung des zivi...

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