Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Wertermittlung bei gemischter Schenkung unter aufschiebender Bedingung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Eine schenkungsteuerpflichtige gemischte Schenkung liegt vor, wenn der Kaufpreis unter dem tatsächlichen Wert von Gesellschaftsanteilen liegt.

2) Zur Wertbestimmung ist auf den Kaufvertragsabschluss und nicht auf den Zeitpunkt der Kaufpreiszahlung und des Eintritts einer vereinbarten aufschiebenden Bedingung hinsichtlich der Abtretung der Gesellschaftsanteile abzustellen.

3) Der Wert von nicht notierten Gesellschaftsanteilen kann nach dem sog. Stuttgarter Verfahren bestimmt werden.

 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 13a Abs. 5 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.10.2012; Aktenzeichen II B 66/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendung vorliegt.

Die damalige Ehefrau des Klägers, U 2, verkaufte mit notariellem Vertrag vom 15.05.1996 ihre 100%-ige Gesellschaftsbeteiligung an der O-GmbH (nachfolgend O-GmbH genannt) an den Kläger. Der Kaufpreis von 50.000,00 DM entsprach dem Nennkapital der Beteiligung. Gemäß § 3 des notariellen Vertrages war der Kaufpreis am 30.06.1996 zu zahlen. Die Abtretung der GmbH-Anteile an den Kläger stand unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung (§ 8 des Vertrages). Regelungen für den Fall der Nichteinhaltung des Zahlungszieles enthält der Vertrag nicht. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 15.05.1996 verwiesen (vgl. Blatt 4 bis 8 der Steuerakte).

Gegenstand des Unternehmens der O-GmbH war die Herstellung nachrichtentechnischer Geräte und Einrichtungen. Der Kläger war Geschäftsführer der O-GmbH und Inhaber eines Ingenieurbüros, welches die Entwicklungsarbeiten für die O-GmbH leistete. Die O-GmbH betrieb ihr Unternehmen in gemieteten Geschäftsräumen. Vermieter und Eigentümer dieser Räume war der Kläger.

Der beurkundende Notar teilte dem Amtsgericht N mit Schreiben vom 15.01.2003 mit, dass die Abtretung der Geschäftsanteile an der O-GmbH seit dem 02.01.2003, dem Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung, wirksam geworden sei (vgl. Blatt 9 der Steuerakte).

Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung (GKBP) den vorgenannten Sachverhalt im Jahre 2005 fest. Die GKBP ging davon aus, dass eine Schenkung der damaligen Ehefrau zu Gunsten des Klägers vorliege, da durch die verspätete Zahlung des Kaufpreises eine mögliche Teilentgeltlichkeit der Anteilsübertragung und somit ein Schenkungsvorgang in Kauf genommen worden sei. Die Abtretung der Anteile und damit die Schenkung seien mit der Zahlung des Kaufpreises am 02.01.2003 wirksam geworden. Auf die Ausführungen unter Textziffer 2.4 des Betriebsprüfungsberichts vom 09.06.2005 wird Bezug genommen (vgl. Blatt 18 ff. der Steuerakte).

Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde Einvernehmen dahingehend erzielt, dass der nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelte gemeine Wert der Anteile an der O-GmbH zum 02.01.2003 je 100 Euro X % betrage. Dabei wurde berücksichtigt, dass die Betriebsergebnisse zu mindern seien, da der Kläger für die Geschäftsführung von der O-GmbH noch keine Entlohnung erhalten habe. Ferner wurde in Form eines Abschlags berücksichtigt, dass in den Abrechnungen gegenüber dem Ingenieurbüro des Klägers Anteile enthalten waren, die einer GmbH-Geschäftsführertätigkeit zuzuordnen wären. Auf die Anteilsbewertung durch die GKBP wird verwiesen (vgl. Blatt 12 f. der Steuerakte).

In den Einkommensteuererklärungen und -bescheiden waren die Einnahmen und Werbungskosten im Zusammenhang mit der 100%-igen Beteiligung an der O-GmbH bei den Einkünften aus Kapitalvermögen der damaligen Ehefrau des Klägers zugerechnet worden. Die Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks an die O-GmbH waren als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers erklärt und versteuert worden.

Nach Eingang einer Kontrollmitteilung der GKBP vom 01.06.2005 forderte der Beklagte den Kläger zu Abgabe einer Schenkungsteuererklärung für eine Zuwendung der U 2 vom 02.01.2003 auf. Am 27.07.2005 reichte der Kläger sodann unter Hinweis auf den Bericht der GKBP eine entsprechende Schenkungsteuererklärung beim Beklagten ein, die von der damaligen Steuerberatung des Klägers erstellt worden war. Der Steuererklärung war eine unwiderrufliche Erklärung der U 2 vom 04.05.2005 über die Inanspruchnahme des Freibetrages gemäß § 13a Erbschaftsteuergesetz in der am 02.01.2003 geltenden Fassung (ErbStG) beigefügt.

Der Beklagte setzte daraufhin gegen den Kläger mit Bescheid vom 05.09.2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ausgehend von einem Wert des Erwerbs in Höhe von X Euro Schenkungsteuer in Höhe von X Euro fest. Dabei gewährte der Beklagte einen Freibetrag gemäß § 13a ErbStG in Höhe von X Euro. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 05.09.2005 verweisen (vgl. Blatt 57 ff. der Steuerakte). Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde am 26.09.2005 auf...

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