Leitsatz

Verkauft ein GmbH-Gesellschafter mit notariellem Vertrag seine Geschäftsanteile und steht die Abtretung der Geschäftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung, liegt eine schenkungsteuerpflichtige gemischte Schenkung vor, wenn der Kaufpreis unter dem tatsächlichen Wert der Gesellschaftsanteile liegt. Doch auf welchen Zeitpunkt ist für diese Entscheidung abzustellen: Den Vertragsschluss oder den Eintritt der aufschiebenden Bedingung?

 

Sachverhalt

Eine sog. gemischte Schenkung liegt vor, wenn eine höherwertige Leistung einer Gegenleistung von geringerem Wert gegenübersteht. Die Wertdifferenz stellt eine grundsätzlich steuerpflichtige Schenkung dar.

In einem jüngst vom FG Münster zu entscheidenden Fall verkaufte eine Ehefrau mit notariellem Kaufvertrag ihre Geschäftsanteile an einer GmbH an ihren Ehemann. Der Kaufpreis von 50.000,00 DM entsprach dem Nennwert der verkauften Geschäftsanteile. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entsprach dieser Nennwert auch dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile. Die Abtretung der Geschäftsanteile stand aber unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Und der Kaufpreis wurde über mehrere Jahre hinweg in Raten gezahlt, so dass die Abtretung erst Jahre später wirksam wurde. Zu diesem Zeitpunkt war der tatsächliche Wert der Geschäftsanteile deutlich über den Nennwert der verkauften Geschäftsanteile und vereinbarten Kaufpreis gestiegen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde dies als steuerpflichtiger Schenkungsvorgang im Sinne des ErbStG gewertet.

 

Entscheidung

Das FG Münster hat dies anders gesehen als die Finanzverwaltung. Zur Begründung führt das Gericht an, dass im Falle einer entgeltlichen Veräußerung und Abtretung von GmbH-Anteilen nur dann eine schenkungsteuerpflichtige (gemischte) Schenkung vorliege, wenn der Kaufpreis unter dem tatsächlichen Wert der Gesellschaftsanteile liege. Maßgeblicher Bewertungsstichtag sei dabei der Tag des Kaufvertragsabschlusses und nicht der Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung, an dem die Abtretung des Anteils wirksam geworden sei. Denn, so das Gericht, für die Ausführung der Schenkung genüge es, wenn die Vertragspartner die für die Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben hätten und der Beschenkte aufgrund dieser Erklärungen jederzeit in der Lage sei, durch Zahlung des Kaufpreises die Rechtsänderung zu bewirken.

 

Hinweis

Die Entscheidung des FG Münster erstaunt auf den ersten Blick. Denn schließlich bestimmt § 11 ErbStG, dass für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer maßgebend ist. Und dies ist gemäß § 9 Abs. 2 ErbStG der Zeitpunkt der "Ausführung der Zuwendung", d.h. die Abtretung der Geschäftsanteile.

Die Vorschriften des ErbStG und BewG sind jedoch steuerliche Bewertungsvorschriften, die nichts zu der vorgelagerten Frage sagen, ob überhaupt eine Schenkung vorliegt. Diese Frage ist vielmehr nach ständiger Rechtsprechung des BFH (siehe nur Urteil vom 15.07.1964, II 43/62) nach bürgerlichem Recht zu entscheiden. Und hierfür ist richtigerweise auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Denn nach Abgabe der auf den Vertragsschluss gerichteten Erklärungen haben die Parteien keinen Einfluss mehr hierauf, so dass auch nachträgliche Wertänderungen die Frage, um was für ein Rechtsgeschäft es sich handelt, nicht mehr beeinflussen können.

Dem FG Münster ist daher im Ergebnis völlig zuzustimmen. Man hätte sich allenfalls eine klarere Begründung gewünscht. Es bleibt zu hoffen, dass die Entscheidung auch vor dem BFH Bestand hat.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 16.02.2012, 3 K 2923/09 Erb

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