Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustehen eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Familienleistungsausgleichs

 

Leitsatz (redaktionell)

Entgegen dem missverständlichen und daher auslegungsbedürftigen Wortlaut "zustehen" im Sinne von § 31 Satz 5 EStG kommt es unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Gesetzes nicht darauf an, dass die Geltendmachung des zivilrechtlichen Ausgleichsanspruchs noch möglich ist. Abzustellen ist darauf, ob abstrakt zu irgendeinem Zeitpunkt ein Ausgleichsanspruch nach § 1615g BGB bestanden hat.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 6 S. 1, § 31 S. 5; BGB § 1615g; EStG § 32 Abs. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.03.2004; Aktenzeichen VIII R 86/98)

 

Tatbestand

Der im Jahre ……… geschiedene Kläger bezog im Streitjahr 1996 als ……… Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Aus der geschiedenen Ehe ist u.a. eine im Jahre ……… geborene Tochter hervorgegangen, die im Streitjahr bei ihrer Mutter in ……… lebte. Im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren wurde am ……… vor dem Amtsgericht – Familiengericht – ……… ein Vergleich geschlossen. Nach dessen Ziffer 3.) verpflichtete sich der Kläger, für die gemeinsame Tochter zu Händen der Kindesmutter eine monatlich im voraus zu entrichtende Unterhaltsrente i.H. von ……… DM zu zahlen. Nach diesem Vergleich sollte das Kindergeld für die Tochter der Kindesmutter anrechnungsfrei verbleiben. In einem weiteren Vergleich vor dem Amtsgericht – Familiengericht – ……… verpflichtete sich der Kläger, an die Kindesmutter ab dem ……… eine Unterhaltsrente i.H. von ……… DM, ab dem ……… i.H. von ……… DM zu zahlen. Weiter heißt es in diesem Vergleich, daß die Mutter das Kindergeld für die Tochter „weiterhin ungekürzt behalten kann”.

Mit Bescheid vom ……… veranlagte der Beklagte den Kläger zur Einkommensteuer 1996, indem er bei einem zu versteuernden Einkommen von ……… DM die Einkommensteuer nach der Grundtabelle auf ……… DM festsetzte. Hierbei setzte er keinen Kinderfreibetrag an mit der Begründung (vgl. Erläuterungen zum Bescheid), daß der Begriff des Kindergeldes auch den einem barunterhaltspflichtigen Elternteil nach § 1615 g BGB zustehenden zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch i.H. des halben Kindergeldes umfasse. Dabei sei es unerheblich, ob der zivilrechtliche Ausgleichsanspruch auch tatsächlich in Anspruch genommen worden sei. Bei Durchführung der „Günstigerprüfung” zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag sei daher für die Tochter der zivilrechtliche Ausgleichsanspruch i.H. von ……… DM berücksichtigt worden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom ……… Einspruch ein mit der Begründung, daß der Kinderfreibetrag zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei. Der Kläger habe in dem gerichtlichen Vergleich vor dem Amtsgericht (Familiengericht) ……… am ……… auf seinen bis dahin bestehenden Ausgleichsanspruch zugunsten seiner geschiedenen Ehefrau verzichtet. In dem weiteren gerichtlichen Vergleich des Amtsgerichts (Familiengerichts) ……… vom ……… sei bei Veränderung der Höhe der Barunterhaltsverpflichtung bestätigt worden, daß der Kläger weiterhin keinen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch in Höhe des hälftigen Kindergeldes habe. Der Hinweis des Beklagten auf § 31 Satz 5 EStG gehe fehl, weil der Kläger keinen Ausgleichsanspruch mehr habe.

Der Beklagte hielt an seiner gegenteiligen Rechtsauffassung fest und wies mit Einspruchsentscheidung vom ……… den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, zu deren Begründung der Kläger folgendes vorbringt:

Soweit der Beklagte darauf hinweise, daß der Kläger dadurch über seinen Ausgleichsanspruch verfügt habe, daß eine Verrechnung mit zu leistenden Unterhaltszahlungen erfolgte bzw. auf die Inanspruchnahme verzichtet wurde, sei dies unzutreffend. Richtig sei vielmehr, daß der Kläger in dem Vergleich vom ……… seinen Ausgleichsanspruch aufgegeben habe. Das Kindergeld erhalte seine geschiedene Ehefrau in voller Höhe zusätzlich zum ungekürzten Kindesunterhalt. Diese Regelung sei in dem Vergleich vom ……… beibehalten worden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1996 vom ……… und unter Aufhebung der dazu ergangenen Ein- spruchsentscheidung die Einkommensteuer 1996 unter Berück- sichtigung eines Kinderfreibetrages in Höhe von ……… DM neu festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

Mit Schriftsätzen vom ……… (Kläger, Bl. 1) und vom ……… (Beklagter, Bl. 10) haben die Beteiligten gemäß § 90 Abs. 2 FGO auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Berücksichtigung des halben Kinderfreibetrages i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG. Der § 31 Satz 5 EStG steht einem solchen Anspruch entgegen.

Durch das Jahressteuergesetz (JStG) 1996 vom 11.10.1995 (BStBl I 1995, 438) wurde der Familienlastenausgleich neu geregelt. Die Neuregelung verknüpft das als Steuervergütung geregelte Kindergeld des X. Abschnitts des EStG (§§ 62 ff.) mit...

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