Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldangelegenheit, Mindeststreitwert

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Verfahren gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO wegen zu Unrecht vereinnahmten Kindergeldes ist eine Kindergeldangelegenheit i.S.v. § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG, für die nicht der finanzgerichtliche Mindeststreitwert von € 1.500,00 gilt, sondern der tatsächliche Streitwert i.S.v. § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

 

Normenkette

GKG § 52 Abs. 4 Nr. 1; AO § 235 Abs. 1; GKG § 52 Abs. 3 S. 1

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Ausgangsverfahren 14 K 2910/14 um ein solches in „Kindergeldangelegenheiten” i.S.d. § 52 Abs. 4 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) handelt und es daher von der Anwendung des gesetzlichen Mindeststreitwerts ausgenommen ist.

Der Erinnerungsführer hatte im Verfahren 14 K 2910/14 Klage gegen die Erinnerungsgegnerin wegen Festsetzung von Hinterziehungszinsen erhoben und beantragt, den Bescheid der Erinnerungsgegnerin vom 21.03.2014, mit welchem diese Hinterziehungszinsen gemäß § 235 der Abgabenordnung (AO) i.H.v. 99 € gegen den Erinnerungsführer festgesetzt hatte, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.09.2014 aufzuheben. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Erinnerungsführer hatte für seinen am ….07.1987 geborenen Sohn während der Dauer seines Erststudiums Kindergeld bezogen. Am 05.06.2011 hatte er gegenüber der Erinnerungsgegnerin unter Vorlage einer entsprechenden Immatrikulationsbescheinigung zunächst mitgeteilt, dass die Hochschulausbildung seines Sohnes voraussichtlich noch bis zum 31.07.2012 andauern werde. Mit Schreiben vom 15.07.2012 setzte der Erinnerungsführer die Erinnerungsgegnerin sodann darüber in Kenntnis, dass die Hochschulausbildung seines Sohnes bereits am 29.02.2012 abgebrochen und am 01.01.2012 eine sog. Trainee-Ausbildung aufgenommen worden sei. Mit Bescheid vom 08.11.2013 hob die Erinnerungsgegnerin die Kindergeldfestsetzung daraufhin ab Januar 2012 auf und verlangte die Rückzahlung des für den Zeitraum Januar 2012 bis Juli 2012 überzahlten Kindergeldes i.H.v. 1.330 € gemäß § 37 Abs. 2 AO. Der Bescheid wurde rechtskräftig und der angeforderte Erstattungsbetrag durch den Erinnerungsführer unverzüglich gezahlt. Mit Bescheid vom 21.03.2014 hatte die Erinnerungsgegnerin sodann unter Hinweis auf den Abschluss eines gegen den Erinnerungsführer eingeleiteten Strafverfahrens Hinterziehungszinsen i.H.v. 99 € wegen des an ihn zu Unrecht ausgezahlten Kindergeldes i.H.v. 1.330 € gegen den Erinnerungsführer festgesetzt. Der hiergegen gerichtete Einspruch des Erinnerungsführers war ohne Erfolg geblieben.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte der Erinnerungsführer sodann geltend, dass im Rahmen des gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahrens durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle der Erinnerungsgegnerin keinerlei Feststellungen zu einem etwaigen Vorsatz seinerseits angestellt worden seien. Nachdem die zuständige Berichterstatterin mit Schreiben vom 29.12.2014 gegenüber der Erinnerungsgegnerin darauf hingewiesen hatte, dass sich der Kindergeldakte in der Tat keinerlei Feststellungen zum Vorsatz entnehmen ließen und die Erinnerungsgegnerin für das Vorliegen einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung die Feststellungslast trage, hob die Erinnerungsgegnerin den streitgegenständlichen Bescheid vom 21.03.2014 mit Bescheid vom 13.04.2015 auf und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Erinnerungsführer schloss sich der Erledigungserklärung der Erinnerungsgegnerin mit Schriftsatz vom 18.04.2015 an. Mit Beschluss der Berichterstatterin vom 20.04.2015 wurden die Kosten des Verfahrens sodann nach § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO der Erinnerungsgegnerin auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 20.04.2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Erinnerungsführers, die dem Erinnerungsführer aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 20.04.2015 zu erstattenden Kosten – ausgehend von einem Verfahrensstreitwert i.H.v. 1.500 € – wie folgt festzusetzen:

1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz (VV RVG)

184,00 €

1,3-Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG

149,50 €

abzgl. anzurechnende 0,65 Geschäftsgebühr

./. 74,75 €

Post-/Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

298,75 €

Umsatzsteuer 19 % Nr. 7008 VV RVG

56,76 €

Zwischensumme

355,51 €

Auslagen (Gerichtsgebühren)

284,00 €

Summe

639,51 €

Mit Beschluss vom 08.05.2015 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die dem Erinnerungsführer nach dem rechtskräftigen Beschluss vom 20.04.2015 durch die Erinnerungsgegnerin zu erstattenden Kosten – ausgehend von dem dem Kostenfestsetzungsantrag zugrunde gelegten Streitwert von 1.500 € – zunächst auf 355,51 € fest und lehnte den darüber hinausgehenden Antrag ab, da die Gerichtskosten von der Gerichtskasse zurückerstattet würden.

Mit Schreiben vom 11.05.2015 legte die Erinnerungsgegnerin hiergegen Erinnerung ein und machte geltend, der Streitwert des Verfahrens betrage ih...

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