rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung als Steuerberater bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines als freier Mitarbeiter eines Einzelsteuerberaters bzw. als Alleingesellschafter einer Steuerberatungs-GmbH tätigen Steuerberaters lässt den gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG zwingend zum Widerruf der Bestellung als Steuerberater führenden Vermögensverfall unabhängig davon, aus welchen Gründen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, vermuten.

2. Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls lässt sich weder durch eine im Rahmen des Insolvenzverfahrens in Aussicht stehende Restschuldbefreiung noch durch den Umstand, dass der Insolvenzverwalter die weitere selbstständige Tätigkeit des Steuerberaters gem.§ 35 Abs. 2 InsO freigegeben hat, widerlegen (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).

3. Eine Vertagung der mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Bestellung eines Steuerberaters bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens scheidet aus. Das Ziel, die Interessen der Mandanten vor Gefährdungen zu schützen, die von einem in Vermögensverfall geratenen Steuerberater ausgehen können, verbietet es, die gerichtliche Entscheidung über die Widerrufsverfügung bis zum ungewissen Zeitpunkt der Konsolidierung der Vermögensverhältnisse des Steuerberaters zurückzustellen.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; InsO § 35 Abs. 2; FGO § 74

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der 1950 geborene Kläger ist von Beruf Steuerberater. Von seiner Ehefrau lebt er getrennt und hat zwei erwachsene Kinder. Er ist seit 1979 selbständig tätig, zunächst als Steuerbevollmächtigter, ab 1985 als Steuerberater zunächst in D., nach der Wende mit einer auswärtigen Beratungsstelle in S. Danach war er in verschiedenen Sozietäten, die sich teilweise wieder auflösten, sowohl in D. wie in S. als Steuerberater tätig. Seit März 2008 ist die Kanzlei in D. veräußert. Seitdem liegt der Mittelpunkt der Steuerberatungstätigkeit des Klägers in S., wobei er zum 01. Juli 2008 seine freiberufliche Tätigkeit an die A. Steuerberatungsgesellschaft mbH übertrug, deren geschäftsführender Alleingesellschafter er ist. Daneben ist der Kläger aber auch weiterhin freiberuflich selbständig tätig.

Wegen erheblicher Steuerschulden von über 227.000,00 EUR beantragte das seinerzeit zuständige Wohnsitzfinanzamt D. beim Amtsgericht D. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers. Das Amtsgericht D. gab das Verfahren zuständigkeitshalber an das Amtsgericht H. (Az. …) ab. Nachdem im Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters Rechtsanwalt S. vom 08. Dezember 2008 eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse bejaht worden war, eröffnete das Amtsgericht H. mit Beschluss vom 16. Dezember 2008 das Insolvenzverfahren gemäß §§ 2, 3, 11, 16 ff. Insolvenzordnung. Zuvor hatte der Kläger mit Schreiben vom 08. Dezember 2008 selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden mit einem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt. In dem Gutachten wurden nach den damaligen Verhältnissen als freie Masse 269.923,11 EUR festgestellt, denen Insolvenzforderungen von 1.037.519,39 EUR gegenüber standen. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Nach telefonischer Mitteilung des Büros des Insolvenzverwalters vom 23. April 2013 ist derzeit auch noch nicht abzusehen, wann es abgeschlossen sein könnte.

Im Hinblick auf dieses Verfahren hörte die Beklagte den Kläger unter dem 13. Januar 2009 zu der ins Auge gefassten Maßnahme, dem Widerruf der Bestellung zum Steuerberater wegen der Vermutung des Vermögensverfalls, an. Der Kläger legte ausführlich dar, dass er insbesondere wegen der finanziellen Belastung aus Immobilienkrediten, die er zum Teil krankheitsbedingt nicht rechtzeitig habe bedienen können, in finanziellen Schwierigkeiten sei. Er könne aber ausschließen, dass Interessen seiner Mandanten betroffen oder gefährdet seien.

Mit Bescheid vom 25. Mai 2009 widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater unter Berufung auf § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz, weil nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Vermögensverfall vermutet werde und der Kläger diese Vermutung nicht habe widerlegen können.

Hiergegen richtet sich die am 11. Juni 2009 erhobene Klage.

Der Kläger wiederholt und vertieft seine Ausführungen gegenüber der Beklagten und verweist insbesondere auf den von ihm erstellten Insolvenzplan, aus dem sich ergebe, dass infolge der Vorlage sowie der Prüfung und Einleitung des Insolvenzplanverfahrens der vermutete Vermögensverfall nicht mehr bestehe. Er hebt hervor, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht auf Überschuldung, sondern auf Iliquidität beruhe. Es seien in der Vergangenheit keine Fremdgelder angenommen geschweige denn veruntreut worden, keine Beschwerden von Mandanten erhoben worden und keinerlei Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit...

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