Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.11.2000; Aktenzeichen VI R 165/99)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, für die Klägerin, die im Streitzeitraum nicht erwerbstätig war, die mit einem türkischen Staatsangehörigen verheiratet ist, der in der Bundesrepublik als Arbeitnehmer berufstätig ist, und die mit ihm und den beiden jüngeren Kindern in der Bundesrepublik Deutschland lebt, für die älteste Tochter, die bei den Eltern des Vaters in der Türkei lebt und dort die Schule besucht und sich in den Schulferien regelmäßig in der Wohnung der Eltern aufhält, Kindergeld über den Betrag von 10 DM monatlich hinaus in gesetzlicher Höhe festzusetzen.

Aus der 1984 geschlossenen Ehe der Klägerin sind die am … 1986 geborene Tochter P.- hinsichtlich deren der (volle) Kindergeldanspruch der Klägerin streitig ist – sowie ein am … 1990 geborener Sohn und eine am … 1998 geborene Tochter hervorgegangen.

Die Tochter P. lebte von ihrer Geburt bis zur Einschulung in der Türkei im September 1992 – mit Ausnahme eines kurzen Aufenthalts bei den Großeltern in der Türkei nach dem 15. September 1989 – in der Wohnung der Familie in Deutschland. Einen Kindergarten hat sie hier nicht besucht. Seit Beginn des Schulbesuchs hält sie sich nur in den Schulferien (etwa 3 Wochen im Frühjahr und etwa 2 Monate im Sommer) in der Familienwohnung auf.

In der Familie wird vorrangig türkisch gesprochen. Während der Ferienaufenthalte „übt die Klägerin – wie sie hat vortragen lassen (Schriftsatz vom 23.09.1999, Seite 2, GA 49) – mit der Tochter … die deutsche Sprache”. Die Tochter wird im Urlaub aber auch in der Türkei von der Klägerin „ausschließlich mit deutscher Literatur versorgt”. Für die Tochter steht während ihrer Aufenthalte in Deutschland in der etwa 60 qm großen Familienwohnung (Küche, Bad, Wohnzimmer, Elternschlafzimmer, Kinderzimmer, Abstellraum) ein Zimmer zur Verfügung, das sie dann mit ihrem Bruder teilt, während die jüngste Tochter noch (ständig) im Elternschlafzimmer schläft.

Die Klägerin beantragte mit am 16. Juni 1998 bei der Beklagten eingegangenem Antrag vom gleichen Tage mit dem erklärten Einverständnis ihres Ehemannes (KGA I, 4) unter Vorlage einer Haushaltsbescheinigung der zuständigen Meldebehörde, wonach alle Kinder für die elterliche Wohnung gemeldet sind (KGA 2), die Festsetzung von Kindergeld für alle drei Kinder in gesetzlicher Höhe.

Die Beklagte setzte mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.10.1998 (KGA 8) das Kindergeld für die Tochter P. in Höhe von 10 DM, für den Sohn in Höhe von 220 DM und für die jüngere Tochter in Höhe von 300 DM fest und lehnte die weitergehende Kindergeldfestsetzung für die Tochter P. mit der Begründung ab, daß diese ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland (habe), so daß die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld für dieses Kind nach dem deutsch-türkischen Abkommen (Artikel 33) (vorlägen).

Für die Klägerin wurde mit am 29.10.1998 eingegangenem Schriftsatz ihrer jetzigen Prozeßbevollmächtigten Einspruch erhoben, der damit begründet wurde, daß der gewöhnliche Aufenthalt der Tochter bei den Eltern in Bremen sei und daß die Tochter sich lediglich für die Dauer schulischer Maßnahmen in der Türkei aufhalte. Dafür spreche auch, daß die Tochter für die Familienwohnung gemeldet sei und sie sich in den Schulferien jährlich mehrere Monate in Deutschland aufhalte. Im übrigen sei das deutsch-türkische Abkommen nicht anwendbar, da die Tochter die deutsche Staatsangehörigkeit habe (KGA 9).

Die Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 08.04.1998 als unbegründet zurück (KGA 19):

P. habe ihren Wohnsitz in der Türkei. Zwar sei sie in der Bundesrepublik gemeldet und die Eltern lebten in der Bundesrepublik. Ein Kind eines ausländischen Staatsangehörigen, das – wie die Tochter P. der Klägerin – sich in dessen Heimatland begebe und sich dort länger aufhalte, als im allgemeinen die Schulferien dauern, gebe damit seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auf. Ein solcher Aufenthalt zum Schulbesuch sei seiner Natur nach auf unbestimmte Zeit angelegt. Daher teile ein Kind, das sich unter solchen Umständen ins Ausland begibt, nicht mehr den Wohnsitz der Eltern im Inland (BFH-Urteil in BStBl. II 1994, 887).

Nachdem die Einspruchsentscheidung der Bevollmächtigten der Klägerin am 12.04.1999 zugestellt worden war (KGA 24), ist für die Klägerin mit am 26. 04.1999 eingegangenem Schriftsatz Klage erhoben worden (GA 3).

Die Klägerin ist der Auffassung, daß nach dem – insgesamt unstreitigen – Sachverhalt die Tochter P. ihren Wohnsitz in der Familienwohnung habe und beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 8. Oktober 1998 und der Einspruchsentscheidung vom 8. April 1999 zu verpflichten, Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die Tochter P. ab Antragstellung am 16. Juni...

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